Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden

Kurzfassung *)

 

Einführung

Der Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden zur ethischen Bewertung von Unternehmen wurde im Zusammenwirken von Ökonomen, Philosophen, Ethikern und Theologen ent­wickelt. Die Federführung lag bei Prof. Dr. Johannes Hoffmann, Sozialethiker am Fach­bereich Katholische Theologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Dr. Konrad Ott, Lehrstuhl für Umweltethik der Universität Greifwald, und Prof. Dr. Gerhard Scherhorn vom Institut für Haushalts- und Konsum­ökonomik der Universität Hohenheim in Stuttgart.  Regelmäßige Mitarbeiter waren Pfr. Dipl.-Theol. Claus F. Lücker, Frankfurt, Dr. oec. Lucia Reisch, Stuttgart und drei weitere Ökonomen, die über die Thematik der ethischen Fundierung der Geldanlage zugleich ihre Dissertationen geschrieben haben: Dipl.-Kfm. Dr. Bernd-Christian Balz, Frankfurt, Claudia Döpfner, M.A., Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Lehrstuhl für Sozialethik am Fachbereich Kath. Theologie der Universität Frankfurt, Dipl. oec. Peter Grieble, Stuttgart und Dipl.-Hdl. Hans-Albert Schneider, Frankfurt. Der vorgelegte Wertbaum hat Entwurfscharakter. Er ist nicht in allen Punkten voll­ständig ausdifferenziert, sondern in unterschiedlicher Tiefe ausformuliert. Auch sind ei­nige Überschneidungen und Redundanzen stehengeblieben. Ob sie je vollständig vermie­den werden können, muß die Erfahrung zeigen. Wir haben versucht, den vorliegenden Entwurf so weit voranzutreiben, daß seine Anwendbarkeit in der Praxis des ethisch-öko­logischen Ratings sichtbar wird. Die von uns entwickelte Kriteriologie sollte weder zu vage noch zu kom­plex, aber hinreichend trennscharf und auch operationabel für die Bewertung von Unter­nehmen, Produkten, Dienstleistungen und Produktionsverfahren sein. Eine solche Krite­riologie gibt es bisher weltweit nicht. Wir versuchen die Lücke zu schließen.

 

Die Ausgangsthese

In unseren Überlegungen gehen wir von den folgenden Grundannahmen aus. Tech­nikentwicklung, Wirtschaftssysteme, monetäre Strukturen fallen nicht vom Himmel. Es sind keine Mechanismen, denen wir einfach ausgeliefert sind. Die Strukturen und Systeme sind Ergebnis sozialer Prozesse in einer Kultur. Weil das so ist, besitzt auch die Kultur in ihrem Ordnungswissen die Kraft, den Ist-Stand von Wirt­schafts- und Technikentwicklungen zu verändern, wenn dieser Zustand von immer mehr Menschen als unbefriedigend oder gar zerstörerisch erfahren wird und wenn durch ihn die natürlichen und die sozialen Lebensgrundlagen gefährdet erscheinen.

Es mehren sich die Stimmen, die der Ansicht sind, daß Wirtschaftswachstum nicht mehr der Wohlstandsmehrung der Menschen dient, sondern eher zum Selbstzweck avan­ciert ist, der vornehmlich der Vermehrung der Geldvermögen dient. Nach dem neuesten Bericht des Club of Rome hat das dazu geführt, daß  "die Grenzen des Wachstums mög­licherweise schon längst überschritten sind und daß sich die Welt schon seit einigen Jah­ren in einem Zustand der Degenerierung befindet" (Frankfurter Rundschau, 1.6.95, S. 22). Dies gilt im nationalen, europäischen sowie auch im globalen Maßstab. Daher wächst das Bewußtsein, daß alle gesellschaftlichen Kräfte mobili­siert werden müßten, um jenen kulturellen Druck zu erzeugen, der die soziale Marktwirtschaft befähigt, zwischen Liberalismus und Sozialis­mus, zwischen Konkurrenz und Solidarität und zwischen Ökonomie und Ökologie zu vermitteln. Sicher ist nicht von heute auf morgen eine grundlegende Änderung unseres Wirtschaftssystems zu erreichen. Aber es könnten Geld­flüsse in Kanäle gelenkt wer­den, die zu kleinschrittigen Veränderungen des Normalbereichs führen und für Innova­tionen sorgen, die die mit unserem Wirtschaftssystem einhergehenden destruktiven Po­tentiale unter Kontrolle bringen und für die Entwick­lung einer sozial-, natur- und kul­turverträglichen Produktions- und Wirtschaftsweise Impulse geben.

Aus diesen Überlegungen ergab sich für uns folgende Problemstellung. Bisher legen die großen Rating-Agenturen, wie Standard & Poor's, Moody oder Euro-Ratings für die Bewertung von Aktien / von Unternehmen u.a. als Kriterien "Bonität", "Rentabilität", "Transaktionskosten", "Laufzeit" und "steuerliche Aspekte" zugrunde. Inzwischen ist aber auf dem Hintergrund kulturellen Drucks bzw. sozialer Bewegungen das Interesse ange­wachsen, Geld auch unter ethischen Rücksichten anzulegen. Immer mehr Menschen ge­hen offenbar von der Prä­misse aus, daß Eigentum verpflichtet und daß ethisch begrün­dete Geldanlagen ein Instrument sein können, dieser Prämisse Rechnung zu tragen und damit für wirtschaftliche Veränderungen zu sorgen, die ökologische und sozialverträg­liche Technikent­wicklungen hervorbringen (Roche, Hoffmann, Homolka, 1992).
Diese Tendenz, unter ethischen Rücksichten Geld anzulegen, hat insofern zusätz­lichen Auftrieb erhalten, als die Überzeugung wächst, daß sich in Zukunft langfristig nur ethisch "saubere" Unternehmen am Markt überzeugend durchsetzen können und somit auch eine höhere Rendite als andere Anlagen abwerfen. Dies läge dann allein schon in der Tatsache begründet, daß zukünftige gesetzliche Regeln diese Unternehmen nicht tref­fen würden. Die Investoren werden dabei von Untersuchungen unterstützt, die nachwei­sen konnten, daß im Durchschnitt eine Geldanlage in ethischen Investments einen höhe­ren Ertrag als in normalen Anlagen erbrachte. Bereits im Rahmen des Börsencrashs von 1987 hat sich dies für den US-amerikanischen Markt bewahrheitet. Denn bei keinem ethischen Investmentfonds ergaben sich Einbußen, im Gegensatz zu allen herkömm­lichen.
Untersuchungen des Kapitalmarktes der BRD zeigten, daß die finanziellen Ergeb­nisse beispielsweise von ethischen oder ökologischen Investmentfonds mit denen ihrer konventionellen Fondskonkurrenten durchaus vergleichbar sind. So konnte ermittelt werden, daß im Zeitraum von April 1997 bis April 1998 der NAX (der aus 20 als ökologisch eingestuften Aktien besteht) mit der Entwicklung des MSCI (ein Index, der die Wertentwicklung des weltweiten breiten Aktienindex reflektiert) nicht nur Schritt halten konnte, sondern es zeigte sich sogar eine leichte Überlegenheit des NAX (Quelle: Bloomberg, Handelsblatt-Grafik). Dies gilt erst recht für den amerikanischen Kapitalmarkt.

Die Betrachtung einzelner ethischer oder ökologischer Investmentfonds ergab Ergebnisse, die teilweise weit besser waren als die vieler traditioneller Fonds. “Die Resultate einer großangelegten Studie des amerikanischen Social Investment Forums haben alle Erwar­tungen bei weitem übertroffen. Seinen großen Aufschwung erlebte das ethische Invest­ment während den 80er Jahren, als dem Südafrika-Boykott weltweit von Konsumenten- und Investorenseite her Folge geleistet wurde. Über 90% der nach ethischen Kriterien geführten Fonds berücksichtigen drei oder mehr Kriterien. So nehmen positive Kriterien, die für die Unterneh­men eher einen Motivationseffekt für Verbesserungen haben, heute in ethisch geführten Portefeuilles rapide zu” (Centre-Info News, S. 2).

Die Entscheidung für eine Kriteriologie kann außerordentlich folgenreich sein. Denn mit Hilfe eines ethischen Ratings können gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen technische Innovationen angeregt und ihre Umsetzung gefördert werden, die allein und primär unter kurzfristig angesetzten ökonomischen Kriterien gesehen keine Chance hätten, d.h. es kommen dadurch technische Entwicklungen zum Zuge, die quer zum mainstream der gegenwärtigen Technisierung stehen. Dies hätte große Wirkung für eine umweltorientierte Unternehmensentwicklung und für einen vorbeugenden Um­welt­schutz.

Es gibt zahlreiche Belege dafür, daß gerade kleinere und mittlere Unternehmen das erforderliche kreative Potential und auch die Flexibilität besitzen, neue Wege für eine nachhaltige Entwicklung von Produkten, Produktionsverfahren und Dienstleistungen zu beschreiten, wenn dafür das erforderliche Anlagekapital zur Verfügung steht. Wir gehen davon aus, daß die Praxis der Geld- oder Kapitalanlage nicht moral-indif­ferent ist, sondern daß Investitions- und Anlageentscheidungen viel stärker als bisher un­ter moralischen Gesichtspunkten getroffen werden sollten. Die Begründung dieser nor­mativen Prämisse braucht hier nicht zu erfolgen. Wir gehen ferner prognostisch davon aus, daß es für derartige Investitionen ein Marktsegment mit wachsender Nachfrage gibt, auf das die Anbieterseite (Banken, Investmentfonds) bislang nicht adäquat reagiert. Aus dieser Problemstellung heraus haben wir unseren Leitfaden entwickelt.

Die normative Zielsetzung bliebe natürlich auch dann ethisch richtig, wenn sich diese Prognose nicht bewahrheiten sollte. Denn es geht uns darum, mit mora­lischen Gründen Einfluß zu nehmen auf Kapitalströme, um auf diese Weise normatives Ordnungswissen, das sich etwa in der ökologischen Bewegung äußert, zu fokussieren und für die sozioökonomische Gestaltung und für die kulturelle Entwicklung in ihrer Gesamtheit nutzbar zu machen. In jedem Fall wird versucht, im Rahmen des ökonomischen Systems der moralischen Kommunikation Bedeutung zu verschaffen.
Wirtschaftsethik ist einer der Bereiche, wo die strategische Rationalität, wie sie für die moderne Ökonomie charakteristisch ist, auf die ethische Vernunft trifft (Kersting, 1994). Deshalb sind Strategien erwartbar, durch die sich Firmen für ethisch-ökologisches Investment at­trakiv zu machen versuchen. Der moralische Druck auf Firmen, sich aus strategischen Gründen moralkonform verhalten bzw. sich den Anschein der Moralität zulegen zu müssen, ist für unseren Leitfaden nicht unerheblich. Wer sich aus strategischen Gründen auf Ethik einläßt, der wird von dem, worauf er sich einläßt, nicht völlig unbeeindruckt bleiben können.

Moralphilosophisch betrachtet, handelt es sich bei der ethischen Geldanlage um Hand­lungen, die nicht streng obligatorisch sind, aber auch nicht supererogatorisch. Es dürfte sich um unvollkommene Pflichten im Sinne Kants handeln, die per definitionem ge­wisse Spielräume lassen, wie ihnen nachzukommen sein könnte. Die Verhaltens­weise, ethische Anlagen dem Kapitaleinsatz gleichsam "beizumischen", ist ein Indiz dafür, daß ethische Geldanlagen von vielen als unvollkommene moralische Pflicht empfunden wer­den. Viele dürften kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie nicht ihr gesamtes Geldver­mögen "ethisch" anlegen.

Das Problem bestand darin, dem Projekt eine angemessene theoretische Grund­lage zu verschaffen, ohne ethische oder ökonomische Prämissen einzuführen, die auch unter den Anhängern eines ethisch-ökologischen Ratings umstritten sein werden. Die Idee unseres Leitfadens zur ethischen Bewertung von Unternehmen wirft anspruchsvolle moralphilo­sophische, insbesondere kriteriologische Fragen auf, kann aber unnützen Theorieballast nicht gebrauchen.

 

Der Wertbaum

Für die Erarbeitung unserer Kriterien greifen wir auf die Wertbaumanalyse (= WBA) nach Ortwin Renn zurück. Die Intention dieser Methode ist es, moralische oder evalua­tive (axiologische) Komponenten gegenüber der Dominanz von technischen oder öko­nomi­schen Kriterien (Effizienz, Rentabilität) stärker zur Geltung zu bringen. Die WBA ent­stammt der "rational-choice"-Theorie bezüglich kollektiver Entscheidungen; sie geht aber ein Stück weit über die herkömmliche "cost-benefit"-Analyse (CBA) hinaus. Dabei wird der "Wertpluralismus" als eine soziale Gegebenheit vorausgesetzt. Alle gesellschaft­lichen Gruppen sollen in die WBA einbezogen werden.

Werte sind in der WBA definiert als Präferenzen bzw. als "Konzepte des Wünschens­werten". Sie können auch als "Kriterien" bzw. als "Thematisierungs-Hinsichten" ver­stan­den werden. Beides schließt sich nicht aus. Werte sind, das ist analytisch wahr, ent­schei­dungs­relevant. "Werte sind die Dimensionen, an denen der Grad der Erwünschtheit spe­zieller Handlungsalternativen (...) abgeschätzt werden soll" (Keeney, et al., 1984). Kriterien sind Beurteilungs­parameter, die eine Bewertung zwischen einer Reihe von Optionen ermöglichen sollen. Die Optionen sind realisierbar, aber sie schließen einander aus. Es gibt viele ethisch ver­tretbare Geldanlagen, aber man kann sein Geld nicht überall gleichzeitig anlegen.
In Absetzung zu allen bisherigen Kriteriologien arbeiten wir in unserem Wertbaum zur ethischen Bewertung von Unternehmen mit drei Hauptkriterien oder Dimensionen, die sozusagen die drei Hauptäste des Wertbaumes bilden, nämlich:

  1. Kulturverträglichkeit
  2. Sozialverträglichkeit und
  3. Naturverträglichkeit

Ausgangspunkt für diese Trias waren für uns die bereits angedeuteten folgenden Überlegungen: Für die Gestal­tung und Durchsetzung sowohl naturverträglicher als auch sozialverträglicher Produkte und Produktionsverfahren sowie für die Förderung und Umsetzung naturverträglicher Innovationen und Technikentwicklungen spielt das Ordnungswissen von Kulturen eine wichtige Rolle. Daher erscheint die Dimension der Kulturverträglichkeit im Rahmen ei­ner Kriteriologie unverzichtbar, wenngleich die Ausdifferenzierung dieser Dimension bei der Durchführung einer Wertbaumanalyse gewisse Schwierigkeiten mit sich bringt. Die Fähigkeit einer Gesellschaft, die in ihr auftretenden sozialen und ökologischen Probleme lösen zu können, hängt entscheidend von dem Ordnungswissen ab, das in der jeweiligen Kultur zur Verfügung steht, sozusagen fundamentaler Bestand der Tradition ist und zur Problemlösung mobilisiert werden kann. Die faktische Kraft des normativen Wissens von Kulturen kann zur Beherrschung der normativen Kraft faktischer Prozesse in Wissen­schaft, Wirtschaft und Technik bewußt eingesetzt werden, weil zwischen allen drei Di­mensionen Wechselwirkungen stattfinden.

Der logische Aufbau des Wertbaumes für ethisch-ökologisches Rating ist so geord­net, daß die ersten drei Ebenen die strukturierenden Ordnungsbegriffe enthalten, wäh­rend die folgenden Ebenen zu den konkreten Bewertungen hinführen. Damit soll sicher­gestellt werden, daß kein Bewertungsobjekt übersehen wird, das für einen Ratsuchenden, d.h. für einen Geldanleger bzw. einen Investor, relevant sein könnte. Welche Sachverhalte dann jeweils zum Gegenstand der Bewertung gemacht werden, das hängt von dem Infor­mationsbedarf dessen ab, der die Bewertung vornimmt oder in Auftrag gibt. Die drei ersten Ebenen sind:

  1. Ebene: Die grundlegenden Dimensionen der Bewertung (Kulturverträglichkeit, Sozialverträglichkeit und Naturverträglichkeit).
  2. Ebene: Die Handlungsbereiche innerhalb einer Dimension.
  3. Ebene: Die verschiedenen Bewertungsobjekte in einem Handlungsbereich.

Daran schließen sich die Ebenen an, die auf die konkrete Bewertung einzelner Handlungen hinführen (Berücksichtigung - Information - Gestaltung). Auf der jeweils letzten Ebene finden sich also die bewertenden Aussagen.
Dazu ein Beispiel aus der Dimension der Sozialverträglichkeit. Greifen wir den Handlungsbereich "Interne Anspruchsgruppen mit besonderen Interessen" und inner­halb dieses Bereichs das Bewertungsobjekt "Frauen" heraus. Zu den konkreten Handlungen, die hier bewertet werden können, gehört der Frauenanteil an der Beleg­schaft. Um ihn zu bewerten, muß ermittelt werden, wie groß er ist, und ob angemessene Maßnahmen ergriffen werden, ihn zu vergrößern: Dazu ist eine große Anzahl einzelner Maßnahmen abzufragen.

Das oben dargelegte Argument "Wer sich aus strategischen Gründen auf Ethik einläßt, kann von ihr nicht unbeeindruckt bleiben" gilt umso mehr, je öffentlicher die Einlassung geschieht.
Die verschiedenen Einzelerhebungen zu einer konkreten Handlung - hier: der Inten­sität der Bemühung um Optimierung des Frauenanteils - müssen dann zu einer Bewer­tung zusammengefaßt werden. Das erfordert Entscheidungen über die Gewichtung der jeweiligen Kriterien, die im Grunde nur der treffen kann, für den die Bewertung durch­geführt wird. Er kann z.B. "k.o.-Kriterien" festlegen, die eine Firma unbedingt erfüllen muß, wenn sie für eine moralisch vertretbare Geldanlage in Frage kommen soll, deren Nichteinhaltung also zum Ausschluß führt. Er kann festlegen, welche Bereiche und Handlungen für ihn von großer und welche von geringerer Bedeutung sind.
Allerdings kann man ihm im Rahmen eines ethisch-ökologischen Rating keine belie­bige Gestaltungsfreiheit zugestehen. Die Entscheidung beispielsweise, den Frauenanteil für unbeachtlich zu halten und aus der Bewertung auszuschalten, müßte ethisch be­gründbar sein. Ist sie es im konkreten Falle nicht, so kann der Anspruch auf ein ethisch-ökologisches Rating nicht eingelöst werden. Deshalb hat die Rating-Agentur eine Mitver­antwortung für die festzulegenden Gewichte. Der Wettbewerb zwischen den Agenturen um Ansehen und Glaubwürdigkeit dürfte dazu führen, daß die Gewichtungsschemata, die sich in der Praxis herausbilden, konvergieren werden.

Beim vorgelegten Entwurf ging es um die Erarbeitung eines Kriterienkatalogs, der die Anforderungen an ein ethisch-ökologisches Rating erfüllt, also erst einmal um die Definition der Fragen, die unter dem ethisch-ökologischen As­pekt an Unternehmen zu stellen sind. Es versteht sich, daß dies nicht der einzige Aspekt ist, unter dem der Geldanleger ein Unternehmen bewertet. Rendite und Risiko werden für ihn ja nicht unbeachtlich, wenn er ethische Maßstäbe heranzieht. So ist in der Praxis des Rating nicht nur das Problem zu lösen, wie die verschiedenen Einzelbewertungen zu einem Gesamturteil über die ethisch-ökologische Qualität eines Unternehmens integriert werden sollen. Man wird darüber hinaus auch nach Wegen suchen, dieses Gesamturteil dem Gesamtergebnis des ökonomischen Rating gegenüberzustellen und es womöglich mit ihm zu einer einzigen Bewertungsziffer zu verschmelzen.

 

Adressaten des Leitfadens

Der Leitfaden wendet sich an verschiedene Anwendergruppen:

  • an Anleger, die aus dem Leitfaden die Aspekte erkennen und auswählen können, die von ihnen selbst oder durch eine Ratingagentur bei der ethisch-ökologischen Prüfung eines Unternehmens untersucht werden sollen,
  • an Ratingagenturen, die für einen Anleger oder für andere Auftraggeber oder aus eigenem Interesse ein Unternehmen beurteilen,
  • an Fondsanbieter und –vertreiber,
  • an Banken, Anlageberater, Versicherungen,
  • an Unternehmen und Unternehmensberatungen, die anhand dieses Leitfadens eine (Selbst-)Prüfung auf ethisch-ökologischer Basis vornehmen können,
  • an Interessengruppen (z.B. Mitarbeiter eines Unternehmens, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen).
 

Aufbau des Leitfadens

Weder der Aufbau des Leitfadens noch die Nennung einzelner Kriterien folgt einer bestimmten Ideologie. Die dargestellte Kriteriologie stellt vielmehr einen möglichst umfassenden Katalog von Aspekten und Fragen für die Prüfung eines Unternehmens nach ethisch-ökologischen Gesichtspunkten dar. Es wurde bei der Erstellung dieser Kriteriologie nicht darauf geachtet, ob und, wenn ja, wie leicht Informationen und Daten zu einem jeweiligen Punkt generiert werden können. Daher ist es durchaus möglich, daß für bestimmte Kriterien die Datensuche sehr aufwendig sein kann.
Die Abfolge der Kriterien ist wertfrei. Zudem stellen weder die Anzahl von Unterpunkten eines Kriteriums noch der Umfang der jeweiligen Ausführungen eine Wertigkeit dieses Kriteriums dar. Ebenso sind Unterpunkte nicht deshalb weniger bedeutend, weil sie den oberen Ebenen nachgeordnet sind.
Die Benennung eines Kriteriums bedeutet nur, daß aus Sicht der Autoren dieser Punkt bei einer Prüfung Beachtung finden könnte. Dies ist als Vorschlag und nicht als zwingende Notwendigkeit zu verstehen. Zu einigen Punkten gibt es Querverweise. Diese Hinweise sollen auf weitere, ergänzende Prüfungsaspekte im Leitfaden aufmerksam machen, die mit dem ausgewählten Kriterium in Verbindung stehen.

 

Ein Beispiel aus der Praxis

Um die Anwendung des Leitfadens zu veranschaulichen, wurde ein fiktives Beispiel gewählt.  In diesem Beispiel benutzt eine Anlegerin den vorliegenden Leitfaden, um die für sie relevanten Kriterien auszuwählen, anhand derer eine Ratingagentur Unternehmen prüfen soll. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß mit dem Beispiel nur der Zweck einer Anwendungshilfe verfolgt wird und letztlich jeder Anwender und jede Anwenderin selbst zu entscheiden hat, welche Kriterien zu untersuchen sind.

Für die erdachte Anlegerin sind folgende Aspekte grundsätzlich von Bedeutung:

  1. Die Behandlung von Minderheiten im Unternehmen
  2. Die Beziehungen des Unternehmens zum Ausland
  3. Eine möglichst umweltverträgliche Herstellung von Gütern

Um diese Punkte inhaltlich füllen und differenzierter betrachten zu können, kann die Anlegerin nun an den entsprechenden Stellen im Leitfaden potentielle Prüfungsaspekte finden. Dabei ist der zu prüfende Aspekt zunächst einem Schwerpunkt zuzuordnen, d.h. entweder 1. Kulturverträglichkeit, 2. Sozialverträglichkeit oder 3. Naturverträglichkeit.

Zu 1.: Mit dem Punkt "Minderheiten im Unternehmen" ist der Bereich Sozialverträglichkeit angesprochen. Hier finden sich unter "Interne Anspruchsgruppen" verschiedene Teilmengen des Begriffs "Minderheiten" mit entsprechenden Fragestellungen. Dies könnten -– bei einer weiten Auslegung von "Minderheiten" – alle mit den einzelnen Anspruchsgruppen in Verbindung stehenden Kriterien sein. Die Anwenderin kann sich aber auch nur auf die Kriterien zur Behandlung von bestimmten Minderheiten wie z.B. "Ausländische Arbeitnehmer" oder "Behinderte" konzentrieren. Die Anwenderin muß also selbst auswählen, welche dieser Aspekte sie für relevant erachtet. Die Kriteriologie dient dafür als Vorschlagsliste. Durch Verweise wie bei "Vorübergehend Beschäftigte" wird die Liste möglicher Kriterien erweitert.

Zu 2.: Auch bei dem Aspekt Beziehungen des Unternehmens zum Ausland" ist sowohl der Schwerpunkt "Sozialverträglichkeit" angesprochen als auch der Schwerpunkt Kulturverträglichkeit.. In diesem Berech findet die Anlegerin unter "Externe Anspruchsgruppen" einen Unterpunkt "Ausland". Hier sind verschiedene Kriterien und Fragen subsumiert, die zu dem von ihr ausgewählten Bereich gehören und Vorschläge für Prüfungskriterien bilden.

Zu 3.: Bei dem dritten, für die Anlegerin wichtigen Aspekt "umweltverträgliche Herstellung von Gütern" könnten alle im Bereich "Naturverträglichkeit" angesprochenen Punkte eine Rolle spielen. Der Anlegerin steht es aber frei, aus diesem Spektrum lediglich die Punkte "Energie" bis "Umwelttechnologie" als prüfungsrelevant zu erachten. Auch hier wählt wiederum die Anlegerin die für sie wichtigen Aspekte selbständig aus.
Im vorliegenden Beispiel wäre an diesem Punkt für die Anlegerin die Arbeit mit dem Leitfaden beendet. In einem nächsten Schritt müßte die Anlegerin ihren "persönlichen Kriterienkatalog" an eine Ratingagentur mit dem Auftrag weiterleiten, auf Basis der ausgewählten Kriterien die Prüfung eines Unternehmens oder mehrerer Unternehmen vorzunehmen. Die Resultate dieser Prüfung und deren subjektive Gewichtung wären schließlich die Grundlage für die Anlageentscheidung der Anlegerin.

 

Übersicht über die Kriterien

Wir gehen von der Überzeugung aus, daß wirtschaftliches Handeln funktional auf die allgemeine Anerkennung von moralischen Normen angewiesen ist. Solche Normen sind mithin Voraussetzungen wirtschaftlichen Handelns, die vom Wirtschaftssystem nicht selbst erzeugt, wohl aber von ihm (etwa durch die Verabsolutierung ökonomischer Rationalität) untergraben, beschädigt oder (im Extremfall) zerstört werden können. Un­erläßliche Voraussetzungen wirtschaftlichen Handelns liegen demnach im Außenbereich des ökonomischen Systems, genauer: im lebensweltlich-kulturellen Ordnungswissen und in dessen normativen Gehalten, z.B. in den folgenden zehn Geboten:

Du sollst die biokulturelle Grundnorm (Überlebenssicherheit) in allen Handlungskontexten einhalten!

  • Werden Militärgüter produziert?
  • Profitiert das Unternehmen von Hinrichtungen (z.B. Shell in Nigeria)?
  • Wird die Dezimierung oder Ausrottung von Ethnien in Kauf genommen?
  • Werden Strategien der Vermarktung praktiziert, die die Inkaufnahme von Todesfallrisiken mit sich bringen?

Du sollst keine Schmerzen verursachen!

  • Werden Mädchen und Frauen zur Abtreibung oder Sterilisation gezwungen?
  • Liefert das Unternehmen Produkte, die in einem Land als gesundheitlich bedenklich gelten oder verboten sind, an andere Länder, in denen diese Produkte als unbedenklich gelten?
  • Unterstützt das Unternehmen die Machthaber eines Landes, in welchem die Menschen gefoltert werden, durch Zusammenarbeit gleich welcher Art?
  • Toleriert das Unternehmen schwere Kinderarbeit (moderne Sklaven)? Fördert das Unternehmen Maßnahmen, die die Notwendigkeit von Kinderarbeit beseitigen?

Du sollst niemanden unfähig machen!

  • Werden lokale Produkte durch Export bzw. Verkauf der eigenen Produkte verdrängt (z.B. Kunststoffschwämme statt Lufa-Gurken)?
  • Werden lokale handwerkliche (z.B. europäische Altkleider statt heimische Textilindustrie) bzw. bäuerliche Fähigkeiten verdrängt?
  • Werden von dem Unternehmen Staaten (z.B. Rohstoffe) oder einzelne Menschen (Arbeitskraft) in einer Art und Weise ausgebeutet, daß diese sich nicht mehr regenerieren können?
  • Gehen traditionelle Verhaltensweisen, Fertigkeiten (skills) der Menschen und auch der informelle Sektor verloren, weil das Unternehmen ein verändertes Verhalten unterstützt und fordert?

Du sollst niemandem Freiheit oder Chancen entziehen!

  • Kooperiert das Unternehmen mit Ländern (bzw. deren Führungselite), in denen systematisch ethnische, politische oder religiöse Minderheiten unterdrückt oder benachteiligt werden?
  • Kooperiert das Unternehmen mit Ländern (bzw. deren Führungselite), in denen systematisch Frauen unterdrückt oder benachteiligt werden (z.B. islamische Länder, in denen Frauen keinen Anteil am öffentlichen Leben nehmen dürfen)?
  • Versucht das Unternehmen in aggressiver Weise die eigenen Lebensformen und Wertvorstellungen auch anderen Menschen und Staaten aufzudrängen?
  • Unterstützt das Unternehmen die Machthaber eines Landes, in welchem Menschen -für geringe Delikte oder aus politischen Gründen zu unverhältnismäßig hohen Haftstrafen verurteilt werden, durch Zusammenarbeit gleich welcher Art?
  • Versucht das Unternehmen für sich in einzelnen Ländern eine
  • Monopolstellung einzurichten?
  • Beansprucht das Unternehmen in einzelnen Ländern das alleinige Recht zum Abbau von Ressourcen, dem Vertrieb von bestimmten Produkten?
  • Kauft ein Unternehmen Patente oder Warenzeichen auf, nicht um sie zu benutzen, -sondern um Konkurrenten und Konkurrenzprodukte vom Markt fernzuhalten?

Du sollst niemandem seine Freude an etwas nehmen!

  • Versucht das Unternehmen mit aggressiven Marketingmethoden, bisherige Lebensformen und bestehende Produkte verächtlich zu machen, sie „aus der Mode“ zu bringen?
  • Zeigt das Unternehmen Respekt vor einheimischen Traditionen, Riten, Festen?
  • Versucht das Unternehmen in aggressiver Weise, den Leistungsgedanken bei Mitarbeitern im Sitzland und in eigenen Betrieben in anderen Ländern einzuführen, die dies nicht wollen und die daran leiden (Disziplinierungsstrategien)?

Du sollst nicht täuschen oder betrügen!

  • Täuschen die Produkte eine höhere Qualität vor, als sie tatsächlich besitzen (z.B. geplante Obsoleszenz bei Gütern mit „credence quality“, Mogelpackungen)?
  • Werden Politiker oder andere Entscheidungsträger bestochen?
  • Beschränkt sich Werbung auf Produktinformation oder werden alle psychologischen Mittel und Tricks dazu eingesetzt, um die Konsumenten zum Kauf zu animieren?

Du sollst Deine Versprechen halten!

  • Verfolgt das Unternehmen konsequent einmal anvisierte Ziele (z.B. Programme wie „Frauenförderung“ oder „Humanisierung der Arbeit“)?
  • Hält das Unternehmen Verträge und Zusagen auch gegenüber Ländern ein, welche vom Unternehmen in wirtschaftlicher Weise abhängen?

Du sollst fremdes Eigentum respektieren!

  • Werden lokale Produkte bewußt verdrängt?
  • Wird (Gift-)Müll exportiert?
  • Wird die Biodiversität geschützt (z.B. kein „Kahlschlag im Regenwald“)?
  • Wird das „natürliche Erbe“ eines Landes anerkannt und respektiert (z.B. Patent auf indischer Lebensbaum
  • als Pestizid)?
  • Wird gewohnheitsrechtlicher Landbesitz respektiert (z.B. Indianer im brasilianischen Regenwald)? Werden Ethnien aus angestammten Territorien verdrängt?
  • Wie verhält sich das Unternehmen bei Fragen des Eigentums von Menschen, welches früher von diesem Unternehmen oder Vorgängerunternehmen annektiert worden ist?
  • Wie verhält sich das Unternehmen bei Fragen des Eigentums von Menschen, welches früher von einem Land annektiert und an das Unternehmen weitergegeben worden ist?
  • Wird das geistige Eigentum von anderen Menschen (z.B. in Patenten) geachtet?
  • Werden beim Erwerb von geistigem Eigentum anderer Menschen marktgerechte Preise bezahlt?

Du sollst dem Gesetz gehorchen!

  • Werden Persönlichkeitsrechte geachtet (z.B. Datenschutzrechte)?
  • Hält sich das Unternehmen an branchenübliche „Codes of ethic“ (z.B. Davoser Manifest)?
  • Wie häufig wurde gegen das Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen ein Gesetz des Sitzlandes oder eines Landes, in welchem sich ein Betrieb des Unternehmens befindet, ermittelt? Wie häufig wurde Anklage erhoben? Wie häufig wurde das Unternehmen verurteilt?
  • Handelte es sich um schwerwiegende Anschuldigungen oder Anklagen? Insbesondere solche, welche aufgrund von Gesetzen, die gegen die Menschenrechte verstoßen, erhoben wurden?
  • Zeigte sich das Unternehmen bei den Ermittlungen kooperativ? Mit den Urteilen einverstanden?
  • Gab es Reaktionen auf die Urteile, Veränderungen in der Geschäftspolitik des Unternehmens?
  • In welcher Art und Weise ging die Unternehmung mit verurteilten Mitarbeitern um?

Du sollst niemanden über das Können hinaus sittlich beanspruchen!

  • Werden die besonderen Bedürfnisse schutzbedürftiger Arbeitnehmergruppen (z.B. Behinderte, Kranke, Kinder, Jugendliche, Frauen) auch in Ländern, in denen es keine entsprechende Gesetzgebung gibt, berücksichtigt („europäischer Standard als freiwilliger Weltstandard“)?
  • Werden durch die Unternehmensleitung von den Beschäftigten Einstellungen und / oder Verhaltensweisen erwartet, die diese aus moralischen Gründen nicht für vertretbar halten, z.B. gegenüber anderen Mitarbeitern / Mitarbeiterinnen etc.?
  • Wird von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine Leistungsbereitschaft verlangt, die diese in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für ihre Familie, Freunde etc. und die ihnen eine angemessene Partizipation am gesellschaftlichen und kulturellen Leben sehr erschwert oder gar unmöglich macht?
  • Wird von den Mitarbeitern / Mitarbeiterinnen das Verschweigen von betriebsinternen Fakten verlangt, die diese in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber der Belegschaft, gegenüber der Gesellschaft, gegenüber der Natur, gegenüber der Mitwelt etc. behindert und sie in ihrem Gewissen schwer belastet?
  • Wird von Mitarbeitern / Mitarbeiterinnen in den Forschungsabteilungen von Unternehmen, von Universitäten und in den Forschungsanstalten des Bundes das Verschweigen von Forschungsergebnissen verlangt, die diese in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Gesellschaft, für die Natur, für die Mitwelt etc. behindert und sie in ihrem Gewissen belastet?

Ökonomisches Handeln ist auf dieses Ordnungswissen angewiesen - und bedroht es zugleich, z.B. dann, wenn kommerzielle Denkformen (z.B. Maximierung des individuel­len Vorteils) auf nichtkommerzielle Lebensbereiche (z.B. die Familie) ausgedehnt werden und dies sich in entsprechenden Leitbildern (z.B. „Zeit ist Geld“) ausprägt. Theoretisch kann man sich hier auf die Annahme einer „Kolonialisierung der Lebenswelt“ durch die vom ökonomischen Subsystem geschaffenen Sachzwänge stützen (Habermas, 1981. Wir fügen dieser An­nahme die Vermutung hinzu, daß sich die Kolonialisierung (in the long run) in einem innerökonomischen Effizienzverlust niederschlägt (Erhöhung der Transaktionskosten durch Anomie und Vertrauensschwund).

Die Sicherstellung der Verbindlichkeit moralischer Standards gewinnt um so mehr an Bedeutung, je komplexer Unternehmen und deren Umfeld organisiert sind (Wieland, 1993, 7-31). Unsere Annahme, daß jede Wirtschaftsordnung von der Wirksamkeit normativer Standards abhängt, die nicht innerökonomisch erzeugt werden können, impliziert mehr als nur, daß es staatliche bzw. rechtliche Rahmenbedingungen ökonomischen Handelns geben muß. Sie impliziert auch eine Verantwortung jedes Unternehmens für den Fortbestand sowie für die diskursive Fortentwicklung des normativen Ordnungswissens von Gesell­schaften und Kulturen. Diese Verantwortung erschöpft sich nicht in der Beachtung der Gesetze (Legalismus), sondern schließt die „moralische Kultur“ eines Unternehmens mit ein. Ansatzweise wird das in manchen kodifizierten Unternehmensgrundsätzen auch schon anerkannt.

Bei der Dimension Kulturverträglichkeit geht es somit ganz grundsätzlich um die ethische Verantwortung des Unternehmens in einer konkreten Gesellschaft und Kultur. Stellt man die Frage nach der ethischen Verantwortung auf der Ebene der Kultur, wird Kultur als elementare Basis für die Bewertung sowohl des menschlichen Zusammenlebens als auch für den Umgang mit der Mitwelt fokussiert. Kulturell nachhaltig ist ein Unternehmen dann, wenn es die manifesten Vorstellungen, Institutionen, Regeln, Rituale, Symbole und Mythen aufgreift und respektiert, auf deren Basis in einer Kultur Problemlösungen angegangen werden.
Mit anderen Worten: Das normative Ordnungswissen muß in die Unternehmens­kultur inkorporiert sein. Das Kriterium der „Kulturverträglichkeit“ bezieht sich also auf die Frage, ob und auf welche Weise ein Unternehmen dieser Verantwortung nachkommt, d.h. als wie verbindlich es das normative Ordnungswissen auffaßt.

 

1. Kulturverträglichkeit

Kulturverträglichkeit fassen wir also auf als Verträglichkeit des wirtschaftlichen Handelns mit der fortschreitenden Kultivierung des gesellschaftlichen Gestaltungswillens in Richtung auf

  • die Lebens- und Entfaltungschancen des Individuums,
  • die Integrationsfähigkeit des Gemeinwesens,
  • die Überlebensfähigkeit der natürlichen Mit- und Nachwelt

die Chancen kultureigener Entwicklung (vgl. Menschenrechtskonvention von 1986).

Kultivierung verstehen wir als kontinuierliche Neu-Aneignung und anspruchsvollere Interpretation der humanen Grundorientierungen. Im Gestaltungswillen schlägt sich der Grundkonsens über die kultureigenen Lebensentwürfe nieder, in denen Gesellschaften ihr kulturelles Ordnungswissen formen, ihren Umgang mit der Zeit symbolisieren, ihre Visionen erleben und Perspektiven für eine Menschwerdung in Gemeinschaft entwickeln.

Das Ordnungswissen enthält nicht nur die manifesten Vorstellungen, Institutionen und Regeln, sondern auch die Symbole, Rituale, Mythen, die in einer Kultur als Orientierung dienen, um die Welt zu deuten und um das Miteinander der Menschen im Ganzen der Natur zu gestalten.

Als kulturverträglich kann ein Unternehmen nur eingestuft werden, wenn es neben der Gewinnerzielung gleichrangig die genannten ethischen Unternehmensziele verfolgt. Die Frage nach dem Verhältnis der ökonomischen und der ethischen Ziele führt in ein Compliance-Rating der Kulturverträglichkeit. (d.h., in einerÜberprüfung der Übereinstimmung mit moralischen Grundnormen bzw. humanen Grundorientierungen).

Zum System- und Performance-Rating der Kulturverträglichkeit führen Fragen über die konkrete Verantwortung für das Gemeinwesen, für Auslandslandsaktivitäten für kultureigene Entwicklung sowie Verantwortung in der Beziehung zu gesellschaftlich benachteiligten Gruppen.

Um den Werthintergrund für das Compliance-, System- und Performance-Rating in den drei Dimensionen explizit zu formulieren, führen wir im folgenden die Grundnormen an, aus denen wir die konkreten Bewertungsmaßstäbe des Ratings ableiten. Die konkreten Ableitungen (Fragen) sind als Beispiele zu verstehen. Um dieses zu struk­turieren, unterscheiden wir anthropologisch gegebene Antriebsstrukturen (humane Grundorientierungen), allgemeinen moralische Grundnormen und Leitbilder, die in einer konkreten Gesellschaft gelten.

 

1.1 Die sechs humanen Grundorientierungen in Verbindung mit allgemeinen moralischen Grundnormen

Wir gehen hier von der überhistorischen bzw. anthropologischen Tatsache aus, daß die Menschen für eine vernunftmäßige Lenkung ihres Handelns durch jeweils einander entgegensetzte Antriebe herausgefordert werden, wie Aggression versus Fürsorge, Wettbewerb versus Kooperation etc. Zwischen diesen Polen von Antrieben, noch dazu in unübersichtlicher Lage, muß der Mensch mit Hilfe seiner Vernunft vermitteln. Dabei ist es denkbar, daß er sich an Grundnormen orientiert, wie: „du sollst niemanden töten!“ oder „du sollst deine Versprechen halten!“ etc. Es ist aber auch möglich, daß er sich unkritisch an gesellschaftlich dominanten Leitbildern orientiert, die in Gegensatz zu Grundnormen stehen. Dies aufzudecken und bewußt zu machen, ist eine zentrale Intention einer ethischen Bewertung von Unternehmen. Die folgende Aufzählung geschieht versuchsweise; sie bedarf weiterer Elaboration.

 

1.1.1 Rücksicht und Fairneß trotz Konkurrenz

Konkurrenz soll nicht zerstören, z.B. durch feindliche Übernahmen mit anschließender Zerschlagung von bisher gut funktionierenden Unternehmenseinheiten.

  • Verfolgt das Unternehmen in seinen Einstellungen das Leitbild der fairen Konkurrenz?
  • Verfolgt das Unternehmen in seinem strategischen Handeln das Leitbild der fairen Konkurrenz?
  • Vermeidet das Unternehmen Praktiken der feindlichen Übernahme?
  • Vermeidet das Unternehmen Praktiken des ruinösen Wettbewerbs?
  • Vermeidet das Unternehmen Praktiken des unlauteren Wettbewerbs?
  • Vermeidet das Unternehmen Praktiken des unfairen Wettbewerbs?
 

1.1.2 Diskursbereitschaft statt Positionalität

Diskursbereitschaft ist die Bereitschaft, sich auf entgegenstehende Argumente einzulassen.
Positionalität ist das Bestehen auf den eigenen Vorstellungen und die Weigerung, die eigenen Interessen in Frage stellen zu lassen.

  • Ist das Unternehmen konzeptuell und strategisch fixiert auf eine bestimmte unhinterfragte ökonomische Denkweise oder Managementstrategie imperialistischen Charakters?
  • Erkennt das Unternehmen, daß ökonomisches Handeln z.B. mit Naturverträglichkeit, Ressourcenschonung, Verteilungsgerechtigkeit gesellschaftlicher Verantwortung verträglich sein kann und sein sollte?
  • Nutzt das Unternehmen die Erkenntnis unterschiedlicher ökonomischer Handlungsmaximen so, daß die eigenen Aktivitäten je nach zugrundegelegter Maxime auch unterschiedlich moralisch bewertet werden?
  • Nimmt das Unternehmen neuere Theorien und Diskurse zur Kenntnis (z.B. Ressourcenökonomie, Wohlfahrtsökonomie, intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit, Humanistische Ökonomie, Social Economics, ökologische Ökonomie)?
  • Ist die Geschäftspolitik von Offenheit geprägt?
 

1.1.3 Begrenzung partieller Interessen durch Respekt vor dem Gemeinwohl

Der Respekt vor dem Gemeinwohl fehlt, wenn ein Unternehmen durch Abwanderungsdrohungen Subventionen erpreßt oder wenn es sich seiner Verpflichtung gegenüber der Gemeinde oder Region dadurch entzieht, daß es seinen steuerlich relevanten Firmensitz in eine Steueroase verlegt.

 

1.1.4 Selbstbegrenzung im Wachstum

Sich selbst im Wachstum begrenzen z.B. um die Qualität nicht senken zu müssen.
Eine Begrenzung ist wichtig, denn unbegrenztes Wachstum zerstört die notwendige Vielfalt als Voraussetzung für die Entwicklungsfähigkeit der Gemeinschaft und die Entfaltungsmöglichkeit des einzelnen.

  • Welches Bild hat das Unternehmen von seinem eigenen Wachstum (Wachstumsstrategien)?
  • Ist das Wachstum auf einen begrenzten Markt ausgerichtet?
  • Werden Grenzen der Kommerzialisierbarkeit von Lebensverhältnissen anerkannt?
  • Werden Entscheidungen für Innovationen und Allokationen an der Einsicht von Grenzen der Kommerzialisierbarkeit ausgerichtet?
 

1.1.5 Kreativität mit Verantwortung

  • Verantwortungsvolle Vorausabschätzung von Risiken, Nebenwirkungen, externen Effekten.
  • Suche nach Innovationen zur Erhöhung der Fehlerfreundlichkeit von Anlagen.
  • Suche nach Innovationen, um end-of-pipe Technologien zu ersetzen.
  • In welcher Art und Weise erforscht das Unternehmen mögliche Wirkungen seiner Produkte und Dienstleistungen, um den Verbrauchern sich evtl. erst lange nach Benutzung der Produkte und Dienstleistungen zeigende negative Nebenwirkungen zu ersparen?
  • Trägt das Unternehmen dafür Sorge, daß die Mitarbeiter bisheriges Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten bewahren?
  • Schafft das Unternehmen familienfreundliche Arbeitsbedingungen?
  • Zeigt das Unternehmen Respekt vor anderen Einstellungen zur Zeit?
 

1.1.6 Verzicht auf das Recht des Stärkeren

Das eigene Expansionsstreben soll nicht auf Kosten der legitimen Ansprüche der „Stakeholder“ (Kunden, Arbeitnehmer, Anwohner, Lieferanten, Gemeinden, etc.) durchgesetzt werden.

  • Werden Redeweisen wie etwa „am Markt darf der Unternehmer / Manager keine Beißhemmung haben“ im Unternehmen akzeptiert?
  • Wird verzichtet auf:

a)  Paternalistische (entmündigende, bevormundende) Formen der Fürorge;
b) Überfordernde Beanspruchung in Dienstleistungen.

  • Wird die eigene Firmengeschichte verklärt?
  • Werden Fehler, Schwächen, Versäumnisse in der Vergangenheit offen eingestanden (z.B. die Rolle des Unternehmens im 3. Reich)?
  • Versucht das Unternehmen, die eigene Stellung durch symbolische Maßnahmen hochzustilisieren oder zu mythisieren (z.B. durch protzig elegante und aufwendige Firmenarchitektur)?

Zu kulturverträglichem Verhalten gehört insbesondere der Respekt des Unternehmens gegenüber externen Anspruchsgruppen, der in Form eines System- und Performance-Rating erhoben wird. Dies kann durch die folgenden Beispiele gezeigt werden:

 

1.2 Externe Anspruchsgruppen

 

Abnehmer

  • Gewerbliche Abnehmer
  • Verbraucher / Langfristige Bedürfnisse und Interessen der Verbraucher als Orientierung für Qualität, Preis und Design / Gesundheitlich unbedenkliche oder gesundheitsfördernde Produkte  / Verzicht auf bedenkliche Zusatzstoffe oder Produktionsmethoden (Gentechnik, Bestrahlung) / Risikoarmes Design (Produktsicherheit) / Fehlerfreundliche Bedienung / Reparaturfreundliches Design (Ersatzteile, Materialien) / Rohstoffauswahl unter ökologischen Gesichtspunkten / Berücksichtigung des gesamten Produktlebenszyklus / Ökologisch durchdachte Verpackung / Keine optischen Mogelpackungen / Sinnvolle und glaubwürdige Gütesiegel (Qualitätskontrolle) /
  • Beziehungen zu Kunden / Kundenfreundlichkeit als Strategie (Schulung, Kontrolle und Bewertung der Mitarbeiter) / Schneller und preiswerter Kundendienst / Umfassende Garantieleistungen, Kulanz (Wandlung oder Minderung) / Faire Behandlung von Kundendaten (keine unautorisierte Weitergabe)
  • Werbung: Sachliche und nützliche Information, keine vordergründige Kampagnen  / Verzicht auf Strategie „Auffallen um jeden Preis“ / Verzicht auf unlautere oder irreführende Aussagen  / Verzicht auf sexistische oder rassistische Elemente / Verzicht auf gezielte Bewerbung von Kindern  / Verzicht auf vergleichende Werbung / Berücksichtigung nationaler, kultureller und religiöser Werte, Tabus und Empfindlichkeiten / Abstimmung auf die Gegebenheiten des beworbenen Marktes (Nestlé-Fall)
  • Information / Umfassende Information über Produktqualitäten und Produktionsverfahren / Vollständige Deklaration von Inhalts- und Konservierungsstoffen sowie Produktionsmethoden (Bestrahlung, Gentechnik) / Erleichterung statt Erschweren von Preisvergleichen (Packungsgrößen, unit pricing auf Packung) / Beschwerdemanagement / Direkter und unkomplizierter Informations- und Beschwerdezugang für Verbraucher als Service / Existenz eines Consumer Affairs Department oder Ähnliches / Kostenfreie Telefonnummer für Herstellerkontakt / Konstruktive Reaktion auf Verbraucherbeschwerden (kein Abwimmeln, kein Ausweichen vor kritischen Themen)
  • Ausland, insbes. Less bzw. Least Developed Countries (LDCs)
  • Geschäftliche Kontakte zu LDCs
  • Produktion / Produktion in LDCs oder in China / Einhaltung heimischer Umweltstandards (Ökodumping) / Einhaltung heimischer Lohn- und Sozialstandards (Sozialdumping)
  • Exporte in LDCs durch das Unternehmen / Sozialverträglichkeit der Produkte für die Absatzmärkte (z.B. Statusgüter für die Oberschicht) / Strategien der Vermarktung mit Inkaufnahme von Todesfallrisiken (Nestlé-Fall) / Einhaltung von Exportverboten oder Handelsembargos
  • Importe / Art der aus LDCs importierten Stoffe und Waren / Kriterien der Auswahl der Lieferanten: rein ökonomische oder auch soziale Aspekte (z.B. Transfair-Produkte)
  • Wertschöpfung / Land, in welchem überwiegend die Wertschöpfung stattfindet / Verteilung der Wertschöpfung und des Gewinns
  • Monopolisierungsversuche des Unternehmens in einzelnen Ländern bzgl. Ressourcenabbau oder Vertrieb bestimmter Produkte
  • Berücksichtigung der praktizierten Achtung bzw. Nichtachtung von Menschenrechten im Partnerland (UNO-Charta: individuelle, soziale und kulturelle Menschenrechte)
  • Kinderarbeit (Alter der Kinder; Art, Dauer und Intensität der Arbeit)
  • Frauenarbeit / Unterstützung von oder Kooperation mit Ländern bzw. deren Führungselite, in denen systematisch Frauen unterdrückt oder benachteiligt werden / Umgang mit der kulturellen Frauenrolle
  • Akzeptieren der Dezimierung oder Ausrottung von Ethnien
  • Verhalten des Unternehmens im politischen Kontext, insbesondere bei politischen Konflikten / Nicht-Einmischungs-Politik („Geschäft geht vor Politik“ als Einstellung) / Unterstützung von durch Menschenrechtsverletzungen und Folterungen diskreditierten Machthabern durch Zusammenarbeit unterschiedlicher Art / Kooperation mit den Führungseliten von Ländern mit systematischer Unterdrückung oder Benachteiligung ethnischer, politischer oder religiöser Minderheiten / Unterstützung von durch ungerechte Rechtsprechung diskreditierten Machthabern durch Zusammenarbeit unterschiedlicher Art (z.B. unverhältnismäßig hohe Haftstrafen oder Todesstrafe für geringfügige Delikte, aus politischen Gründen)
  • Verdrängung lokaler Produkte / Produktion von „cash-crops“ (z.B. Blumen) / Monokulturen, Plantagenwirtschaft / Futtermittelanbau (z.B. Soja, Mais) / Bewußte Verdrängung lokaler Produkte durch Export bzw. Verkauf der eigenen Produkte (z.B. Weizen statt Hirse und Maniok) / Bewußte Verdrängung lokaler Produkte mit aggressiven Marketingmethoden / Bewußte Diskriminierung bisheriger Lebensformen und traditioneller Produkte; gezielte Versuche, diese unattraktiv zu machen (z.B. Fast Food-Ketten)
  • Politik der Bewahrung oder der „Modernisierung um jeden Preis“ / Verdrängung lokaler handwerklicher und bäuerlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten (z.B. europäische Altkleider statt heimische Textilindustrie, Monokulturen statt traditioneller Anbau) / Verdrängung traditioneller Verhaltensweisen und überlieferten Wissens; Förderung von verändertem Verhalten / Verdrängung des informellen Sektors
  • Verträglichkeit mit Ökologischer Nachhaltigkeit / Grund- und Oberflächenwasser / Boden / Biodiversität / Müll, Giftmüll (Verbleib im Land, Müllexporte in LDCs) / Arten-, Biotop- und Ökosystem-Schutz
  • Kontakte zu Umweltgruppen der LDCs / Finanzielle Unterstützung / Sonstige Unterstützung
  • Anerkennung von kulturellen Traditionen und Kontexten; oder Versuch, in aggressiver Weise die eigenen Lebensformen und Wertvorstellungen aufzudrängen / Anerkennung andersartiger Einstellung zu Zeit / Anerkennung andersartiger Einstellung zur Arbeit (oder ggf. Disziplinierungsstrategien) / Anerkennung religiöser Feste, Feiertage
  • Respektieren von Eigentumsrechten oder Übervorteilung und Ausbeutung / Erhebung von Patenten auf das „natürliche Erbe“ eines Landes sowie Nutzung der Patente / Respektieren von gewohnheitsrechtlichem Landbesitz; oder Verdrängung von Ethnien aus angestammten Territorien / Haltung des Unternehmens gegenüber vom Unternehmen oder Vorgängerunternehmen annektiertem Eigentums / Haltung des Unternehmens gegenüber früher von einem Land annektierten und an das Unternehmen weitergegebenen Eigentums
  • Kooperation mit Entwicklungshilfe-Organisationen / Aktive Zusammenarbeit, eigene Projekte / Reaktive Zusammenarbeit (Verpflichtung)
 

Geldgeber

  • Geldgeber allgemein: Akt der Kapitalgewinnung / Korrektheit der während des Emissionsverfahrens getroffenen Aussagen / Realistische Einschätzung der im Emissionsverfahren gemachten Prognosen bzgl. der Gewinne, Umsätze, Kurserwartungen / Bedeutung der Transparenz und Wahrnehmung der Konstruktion der Kapitalanlage und deren Rendite- und Risikostruktur durch die Anleger; entsprechende Informationspolitik des Unternehmens (insbes. geg. potentiellen Anlegern, Anlagevermittlern) / Gleiche Konditionen für alle Kapitalanleger (insbes. unabhängig von Anlagesumme)
  • Information / Information nur auf Anforderung oder generell Information aller Anleger / Häufigere Information der Anleger über das Unternehmen als gesetzlich vorgeschrieben bzw. als branchenüblich / Umfangreichere und detailliertere Information über den Verlauf der Geschäftstätigkeit und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens als gesetzlich vorgeschrieben bzw. als branchenüblich / Übersichtliche, ansprechend aufbereitete und gut lesbare Information (ggf. Preise für die gute Gestaltung der Geschäftsberichte) / Detaillierte, über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende Informationen über den Fluß des Eigenkapitals (z.B. Aufschlüsselung nach Regionen) / Untersuchungen, ev. veröffentlichte Untersuchungen über Kapitalgeber und Beteiligungen am Unternehmen (Namen und Höhe der Beteiligungen) / Detailllierte Informationen über Entscheidungsträger mit Namen und Lebenslauf zur besseren Abschätzung der vom Unternehmen zukünftig eingeschlagenen Richtung / Richtigkeit von Prognosen und Wahrheit der Aussagen der Unternehmensleitung (Umfang und Häufigkeit der Fehlerquote)
  • Beziehungen zwischen Anlegern und Management / Kampagnen von Gruppen wie die „Kritischen Aktionäre“ gegen das Unternehmen in Vergangenheit und Gegenwart / Dialog mit kritisch eingestellten Aktionärsgruppen trotz Meinungsverschiedenheit; faßbare Reaktionen auf deren Forderungen / Stimmrechtsbeschränkung auf fünf Prozent (Besserstellen der Kleinaktionäre) / Ermittlungen wegen Insider-Vergehen gegen Mitglieder des Unternehmens / Einrichtung von über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehenden Kontrollmöglichkeiten von Entscheidungsträgern durch die Kapitalanleger / Freiwillige Einrichtung eines Anlegerbeirats mit partiellem Mitspracherecht und beratender Funktion bei bestimmten Entscheidungen des Managements
  • Art der Geschäftsführung / Hohe Fluktuation im Leitungsbereich der Unternehmung, dadurch ständige Veränderung der Geschäftspolitik / Wertschätzung des Unternehmens für eine weit übertarifliche Entlohnung / Überzogener Repräsentationsaufwand des Managements
  • Handel mit Anlageprodukten / Existenz eines liquiden Sekundärmarkts; reibungsloser Verkauf der Kapitalanlage möglich / Unterstützung der Anleger beim Wiederverkauf der Kapitalanlage (Suche nach neuen Käufern, Rückkauf durch das Unternehmen, wenn rechtlich möglich)
  • Eigenkapitalanleger / Ausschüttung eines großen Teils des erwirtschafteten Gewinns an die Eigenkapitalgeber (einkommensorientiertes Handeln) / Schwankung von Gewinnausschüttungen und Wertentwicklung im Branchenvergleich (über-, unterdurchschnittlich) / Renditeentwicklung in den letzten zehn Jahren (und in jedem dieser Jahre) bezüglich Branchendurchschnitt und entsprechendem Börsenindex (über-, unterdurchschnittlich) / Kapitalerhöhungen unter Ausschluß des Bezugsrechts (Verwässerungseffekt)
  • Fremdkapitalgeber / Absicherung der Kredite durch überdurchschnittlich viele und gute Sicherheiten / Einhaltung der von der Unternehmensleitung gemachten Aussagen zur Art der Geschäftsführung nach der Kreditvergabe (Prozentsatz) / Schwierigkeiten mit termingerechter Rückzahlung von Tilgung und Zinsen / Thesaurierung eines geringen Teils des erwirtschafteten Gewinns; dadurch nur geringe Puffer für ein Auffangen möglicher Verluste in den Folgejahren
    Konkurrenten
  • Verzicht auf feindliche Übernahme von Konkurrenten durch das Unternehmen
  • Verzicht auf ruinöse Konkurrenz
  • Verzicht auf Wettbewerbsbeschleunigung (indirekte ruinöse Konkurrenz)
  • Verzicht auf Absprachen zu Ungunsten Dritter
  • Zurückhaltung bei der Abwerbung von Fachpersonal
 

Lieferanten

  • Lieferanten des Unternehmens (Anzahl)
  • Geographische Verteilung der Lieferanten / Berücksichtigung der Region
  • Vom Unternehmen wirtschaftlich abhängige Lieferanten
  • Bewußtes Vermeiden der Entstehung solcher Abhängigkeiten
  • Fördernde Haltung gegenüber Versuchen von Mitarbeitern, sich als Zulieferer selbständig zu machen
  • Verhältnis der Einkaufskonditionen des Unternehmens zu den branchenüblichen Konditionen im Kontext der Lieferanten
  • Preispolitik konzerneigener Lieferfirmen mit dem Ziel der internationalen Gewinnverlagerung
  • Prüfung der „Naturverträglichkeit“ und „Sozialverträglichkeit“ der Geschäftstätigkeit der Lieferanten
  • Aktive und zielgerichtete Einflußnahme auf die ökologischen und sozialen Bedingungen der Geschäftstätigkeit der Lieferanten
  • Im Kontext des zu bewertenden Unternehmens hochproblematische oder verbotene Produktionsverfahren in den Zulieferbetrieben (Problemverlagerung)
  • Berücksichtigung ökologischer und sozialer Anforderungen in den Beschaffungsgrundsätzen
 

Nachbarschaft und Anrainer

  • Nachbarschaftsrat
  • Kommunalpolitische Aktivitäten
  • Form und Stil des Umgangs mit Nachbarn
 

Öffentlichkeit

  • Grundsätze der Öffentlichkeitsarbeit (Schnittstellendefinition in bezug zur Umwelt des Unternehmens, PR als Diskurs oder Werbung)
  • Einflußnahme auf journalistische Recherchen (Förderung, Tolerierung, Behinderung) / Einstellung zu investigativem Journalismus / Bereitstellen von Information / Stellungnahmen und Interviews / Vor-Strukturierung von Interviews / Reaktion auf Mitarbeiter-Medien-Kontakte / Definition des Mitarbeiter-Öffentlichkeits-Verhältnisses / Auslegung des Begriffs der „Betriebsinterna“ bzw. der Betriebsgeheimnisse / Monopolisierung von Außenkontakten
  • Berichterstattung und Werbung (Werbeetat als Drohpotential gegenüber Medien)
  • Rechtliche Maßnahmen (einstweilige Verfügung, Gegendarstellung)
  • Umgang mit öffentlicher Kritik am Unternehmen / Kommunikation mit Verbraucherverbänden und Umweltgruppen / Kommunikation mit Kritikern / Bereitschaft zu Podiumsdiskussionen, Hearings / Umgang mit „Kritischen Aktionären“ / Image-Verlust-Vermeidungs-Strategien / Integration von Kritik in die Unternehmensevolution
  • Replik-Strategien / Steigerung des Allgemeinheitsniveaus  / Ad-hominem-Replik (Unglaubwürdigmachen der Kritiker) / Alii-quoque-Argumente / Verweltanschaulichung des Konflikts (Kontext-Verschiebung) / Unterstellung undeklarierter Absichten / „Mimikry der Sachlichkeit“ / Einsatz von Drohpotentialen („Abwanderung“)
  • Stellung zu diversen Medien / Printmedien (Zeitungen, Illustrierte) / Radio und TV / Neue Medien (z.B. Internet)
  • Umgang mit dem Prinzip der Publizitätspflicht :Bilanzierung des Betriebsergebnisses / Publizierung von Investitionsstrategien
  • Art der Selbstpräsentation gegenüber der Öffentlichkeit
  • Existenz, Stellung, Auftrag und Rolle der Medienbeauftragten
  • Begehbarkeit des Unternehmens (Führungen, Tag der offenen Tür)
  • Präsentationsprofil in Stellenannoncen
  • Präsentation in der Werbung
 

Sponsoring

  • Umweltsponsoring
  • Sozialsponsoring
  • Sportsponsoring
  • Kultursponsoring
  • Gesundheitssponsoring
  • Wissenschaftssponsoring
 

1.3 Leitbilder

In den Leitbildern zeigen sich faktisch gelebte Überzeugungen in konkreten Gesellschaften und Kulturen.
Leitbilder definieren wir mit Dierkes (Dierkes, 1992) und in Anlehnung an Max Webers Begriff des „Kulturideals“ als verhaltensstimulierende Wertvorstellungen. Leitbilder drücken sich häufig in Maximen bzw. als subjektive Grundsätze des Handelns (Kant) aus. Sie prägen Verhaltensweisen in mehreren sachlichen Bezügen (Umgang mit Zeit, Einstellung zu Risiken, Beziehungen zu Kollegen und Konkurrenten usw.). Positiv betrachtet kann sich in Leitbildern durchaus die Weisheit von Bevölkerungsgruppen oder mehrheitlichen Bevölkerungssegmenten für den Umgang mit Gegenstandsbereichen ausdrücken. Da Leitbilder ambivalent sind und sowohl moralisch erwünschtes als auch moralisch inakzeptables Verhalten generieren und verstärken können, bedarf es einer Überprüfung der Leitbilder auf der Basis der Grundnormen. Dies entspricht formal bzw. analog dem Verfahren, das Kant in der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ vorstellt, wenn er fordert, daß die Maximen des Handelns eines jeden Menschen am Allgemeinen Gesetz geprüft werden müssen. Im günstigsten Fall stellt ein Leitbild sozusagen das Streben nach Verwirkli­chung von Zuständen dar, die durch Grund­normen intendiert sind, wie z.B.: „Solidarität mit Untergebenen“, „Solidarität mit sozial Schwachen“, „Mitsein und Füreinanderdasein von Mensch und Mitwelt“, „Sustainable Development“, „Nachhaltigkeit“, „Subsistenz“, „Small is beautiful“, „Entschleunigung“.
Im ungünstigsten Fall konterkarieren Leitbilder Grundnormen. Leitbilder suggerieren eine kollektive Entscheidung, ja sogar Konsens (z.B. Konsumstandards), und können entsprechend der Ambivalenz der Antriebsstrukturen sowohl destruktive als auch konstruktive Potentiale im Umgang mit Mensch und Natur verstärken, wie z.B.: „Ellenbogengesellschaft“, „heute kaufen - morgen bezahlen“, „größer - schneller - höher“, „ständiges Wachstum“, „Protzige Eleganz und Grandiosität“, „ständige Erreichbarkeit“, „Zeit ist Geld“, „wenn wir's nicht tun, dann tun's andere“, „Klappern gehört zum Geschäft“, „aus den Augen, aus dem Sinn“, „die Welt will betrogen sein“, „Global Player“. Damit die zerstörenden Potentiale in ihrer Entfaltung eingedämmt werden können, müssen Diskurse stattfinden, in denen die dominanten Leitbilder an den Grundnormen des Ordnungswissens einer Kultur auf ihre Funktion für das Überleben von Mensch und Natur hin getestet werden (vgl. Todorov, 1985)
Zur Bewertung eines Unternehmens unter dem Aspekt der Kulturverträglichkeit gehört es daher, seine Affinität sowohl zu den destruktiven als auch zu den konstruktiven Leitbildern zu ermitteln, die in der Gesellschaft angeboten werden. Es ist gar nicht selten, daß zwei Unternehmen derselben Branche und Größe sich im Hinblick auf die von ihnen befolgten Leitbilder radikal unterscheiden. Jedes Unternehmen hat seine eigene Herkunft und Geschichte und verarbeitet die gesellschaftlichen Einflüsse, in denen es steht, auf seine Weise.
Was noch geleistet werden muß, ist die Ordnung der Leitbilder im Hinblick auf ihre Zentralität und die ethische Bewertung der Leitbilder im Hinblick auf ihren konstruktiven oder destruktiven Charakter hinsichtlich der Sicherung des Bio-Überlebens von Mensch und Mitwelt.

 

2. Sozialverträglichkeit

 

2.1 Sozialverträglichkeit der Unternehmensorganisation

Führungsgrundsätze  (siehe auch bei Kulturverträglichkeit)

  • Existenz und Wortlaut von Führungsgrundsätzen
  • Entstehungskontext von Führungsgrundsätzen / Art der Verabschiedung der Führungsgrundsätze (Verfahren) / Begründung hinsichtlich ihrer Akzeptabilität / Bezug zur Wirtschaftsethik
  • Existenz eines obersten Führungs-Prinzips / Wortlaut des obersten Führungs-Prinzips (ggf. formell, informell) / Konkrete Anwendungsfälle des Prinzips in der Unternehmenspraxis / Impliziter oder expliziter Bezug des Prinzips auf bestimmte Grundsätze der Ethik
  • Existenz eines normativen Verhaltenskodex / Konkrete Anwendungsfälle des Kodex in der Unternehmenspraxis / Drohung mit Sanktionen bei Verstößen (Art und Umfang der Sanktionen)
  • Implementation und Applikation von Führungsgrundsätzen
  • Grad der empirischen „Wiederfindbarkeit“
  • Implementations-Strategien / Existenz distinkter Auslegungskriterien (z.B. konkrete Beschreibung von „Mobbing“) / Existenz von Optimierungs- bzw. Approximations-Strategien
  • Existenz schriftlich fixierter und den Mitarbeitern zugänglicher Führungsgrundsätze / Anerkennung von Delegierung von Entscheidungsbefugnissen und Selbstkoordination der Mitarbeiter als Führungsgrundsätze / Existenz einer institutionalisierten Mitbestimmung der Mitarbeiter bei der Planung, Entscheidung, Anordnung und Kontrolle / Anwendung von „Management by ...“-Konzepten / Grad der detaillierten Festlegung der von den Mitarbeitern zu erfüllenden Aufgaben durch die Vorgesetzten / Beurteilung der Bedeutung der Stabsstellen durch die Linie
 

Hierarchie

  • Anzahl der Hierarchieebenen im Unternehmen und Veränderung derselben in den letzten fünf Jahren
  • Unternehmensbereiche mit gruppenorientierten Organisationsstrukturen (gegeben, geplant)
  • Existenz und Detailliertheit operationalisierter Zielvorgaben für Organisationseinheiten (Abteilungen, Filialen, Profitcenter, Investmentcenter, Costcenter): Bereiche unter der Entscheidungskompetenz der Zentrale / Bereiche bzw. Organisationseinheiten mit eigener Entscheidungskompetenz
  • Förderung der Eigenständigkeit von Mitarbeitern
  • Eigenbeurteilung des Führungsstils (z.B. „kooperativ“ oder „autoritär“) und der -kompetenz durch die Führungsebene
  • Institutionalisierung von Kommunikations- und Berichtswegen (Umfang)
  • Beurteilung informeller Kommunikations- und Berichtswege durch die Geschäftsleitung
  • Handhabung von Kontrollmechanismen
  • Institutionalisierung und Lokalisierung von Innovationsprozessen (z.B. Verankerung in bestimmter Abteilung)
  • Institutionalisierung von Konfliktlösungsmechanismen (z.B. Schiedsmann, Ombudsfrau, Ethikbeauftragte)
  • Formelle Information der Mitarbeiter (Umfang und Inhalt)
  • Anrede der Mitarbeiter in hausinternen Schreiben
 

Organisationsstrategien

  • Zentralität, Dezentralität
  • Beteiligungspolitik (Tochterfirmen, Verschachtelung)
 

Betriebsrat, Mitbestimmungsgremien

Gewerkschaften, Tarifpartnerschaft

  • Haustarife, Tarifverträge
  • Häufigkeit von arbeitsrechtlichen Konflikten mit Gewerkschaften in den letzten fünf Jahren
  • Aktivitätsprofil der Gewerkschaften im Betrieb
 

Mitbestimmung am Arbeitsplatz

  • Teilautonome Arbeitsgruppen
  • Individuelle Entscheidungskompetenzen
  • Bereiche partizipativer Entscheidung
  • Zugestandene Zeitsouveränität
 

Vorschlagswesen

  • Praktikables und funktionierendes Systems des Vorschlagswesens im Unternehmen
  • Förderung der Beteiligung der Belegschaft am betrieblichen Vorschlagswesen / Institutionalisierung des Vorschlagswesens in den betrieblichen Führungsgrundsätzen / Regelmäßige und angemessene Prämierung von Verbesserungsvorschlägen (z.B. Patentanmeldung) / Controlling der Umsetzung von Vorschlägen durch die Geschäftsleitung / Konstruktives Umgehen mit Kritik (keine Diskriminierung der Kritiker)
 

2.2 Interne Anspruchsgruppen: Allgemeine Interessen

 

Arbeitszeitregelungen

  • Flexibilisierung / Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer nach Selbstbestimmung und sicherer Beschäftigungsperspektive trotz allem Interesses des Unternehmens an Arbeitszeitflexibilisierung (Wettbewerb, variierende Nachfrage) / Berücksichtigung individueller, gesellschaftlicher und kultureller Zeitplananforderungen bei der Gestaltung flexibler Zeitorganisation (Fahrpläne, Schulzeiten, Familienzeiten) / Umfang der als teilbar oder flexibilisierbar geltenden Arbeitsstellen im Betrieb / Fünf-, Sechs- oder Sieben-Tage-Woche als Ausgangspunkt einer betrieblichen Arbeitszeitflexibilisierung / Wichtige Faktoren bei der Frage nach der Entkoppelung von Arbeitszeit und Betriebszeit (Steigerung der Produktivität, langfristige Sicherung der Arbeitsplätze)
  • Umfassendes Konzept zur Gestaltung des Arbeitszeitvolumens als Reaktion auf saisonbedingte Gestaltung betrieblicher Arbeitszeiten / Kompensation von Mehrarbeitsstunden bzw. Leerläufen im Rahmen einer Jahresarbeitszeitregelung / Kompensation im Rahmen von Arbeitszeitkorridoren / Kompensation im Rahmen eines Teilzeitarbeitskonzeptes / Kompensation im Rahmen eines Zeitkontenregelungen / Kompensation im Rahmen individueller Vereinbarungen über tägliche oder wöchentliche Arbeitsverkürzungen, über wöchentliche oder monatliche Arbeitspausen (individuelle Wahlzeiten)
  • Arbeitszeitverkürzung / Starre festgelegte Arbeitszeiten, keine Flexibilisierung / Umfang der Abweichungen von der Regelarbeitszeit pro Woche/ Die Arbeitszeitverkürzung erfolgt ohne oder mit Lohnausgleich / Die Verlängerung der Arbeitszeit ist oder ist nicht zuschlagspflichtig
  • Berücksichtigung von Mitarbeiterbedürfnissen / Regelung von Konfliktfällen bei der Festlegung von Urlaubszeiten / Berücksichtigung sozialer, religiöser und kultureller Bedürfnisse
 

Arbeitsplatzsicherheit

  • Verständnis des Unternehmens von „Arbeit“ (ausschließlich Produktionsfaktor oder Existenzsicherung und Daseinserfüllung des Menschen) / Berücksichtigung zusätzlicher Gesichtspunkte neben Kostenfaktoren bei der Entscheidung über Arbeitsplätze / Einstellung der Geschäftsführung zu einer „hire and fire“- Personalpolitik / Einstellung der Geschäftsführung zu befristeten Arbeitsverträgen
  • Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses / Gewährung von Erziehungszeiten für Eltern über die gesetzliche Norm hinaus / Förderung gesellschaftlicher Aktivitäten von Mitarbeitern (z.B. Freistellung für ein Soziales Jahr) / Ein stellung des Unternehmens zu einem Sabbatjahr / Anpassungsweiterbildung bei Wiederaufnahme der Arbeit / Wiedereinstellung straffällig gewordener Mitarbeiter
  • Förderung der Weiterbildung der Mitarbeiter als Instrument zur Sicherung von Arbeitsplätzen
  • Vorrangiges Angebot von Arbeits- bzw. Ausbildungsplätzen an Kinder von Mitarbeitern
 

Betriebsklima, Mobbing (siehe auch bei Kulturverträglichkeit)

  • Klima der Offenheit und Ehrlichkeit als Grundlage für ein Eingestehen und Korrigieren von Fehlern; Pflege eines offenen Diskussionsklimas
  • Transparenz der Unternehmensziele, der unternehmensinternen Werte und Normen; hohes Maß an Zustimmung zu den Unternehmenszielen in der Belegschaft
  • Rechtzeitiges Informatieren der Belegschaft über Änderungen der Unternehmensziele; Änderungen werden zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft diskutiert
  • Förderung der persönlichen Initiative der einzelnen; Belohnung von Selbständigkeit und Kreativität
  • Förderung der Kooperation zwischen einzelnen Mitarbeitern oder zwischen einzelnen und Gruppen, unabhängig von der Hierarchiestufe
  • Rücksichtnahme auf individuelle psychische und physische Disponiertheit von Mitarbeitern sowie auf familiäre Streßsituationen
  • Delegerung der Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitszeiten an teilautonome Gruppen
  • Veranstaltung eines jährlichen Betriebsfestes oder eines Betriebsausflugs
  • Erhöhung der Mitarbeitermotivation durch urlaubsähnliche Reiseveranstaltungen für Teile der Belegschaft
 

Humanisierung der Arbeitsbedingungen

  • Volle Berücksichtigung des im Grundgesetz garantierten Schutzes der Menschenwürde, des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, der Gleichheit vor dem Gesetz und der Gleichberechtigung von Männern und Frauen bei der Gestaltung der Arbeitsplätze und der Arbeitsbedingungen; Versuch einer Vermittlung zwischen Effektivität und Sachgerechtheit einerseits und Humanität andererseits: Haltung des Unternehmens gegenüber Schutz und Förderung der freien Entfaltung der Persönlichkeit im Betrieb/ Versuch, den humanen und sozialen Bedürfnissen und Rechten der Arbeitenden in hohem Maße zu entsprechen / Berücksichtigung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit / Physische und psychische Gesundheit der Arbeitenden als entscheidende Faktoren in der Planung von Fertigungstechniken
  • Volle Berücksichtigung des Subjektcharakters der Arbeitenden :   Kreative Arbeitsinhalte / Selbstverwirklichung durch Abwechslung, Mitgestaltung und Mitverantwortung / Job-Rotation / Job-Enlargement / Job-Enrichment
 

2.2 Interne Anspruchsgruppen: Allgemeine Interessen

 

Arbeitszeitregelungen

  • Flexibilisierung / Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer nach Selbstbestimmung und sicherer Beschäftigungsperspektive trotz allem Interesses des Unternehmens an Arbeitszeitflexibilisierung (Wettbewerb, variierende Nachfrage) / Berücksichtigung individueller, gesellschaftlicher und kultureller Zeitplananforderungen bei der Gestaltung flexibler Zeitorganisation (Fahrpläne, Schulzeiten, Familienzeiten) / Umfang der als teilbar oder flexibilisierbar geltenden Arbeitsstellen im Betrieb / Fünf-, Sechs- oder Sieben-Tage-Woche als Ausgangspunkt einer betrieblichen Arbeitszeitflexibilisierung / Wichtige Faktoren bei der Frage nach der Entkoppelung von Arbeitszeit und Betriebszeit (Steigerung der Produktivität, langfristige Sicherung der Arbeitsplätze)
  • Umfassendes Konzept zur Gestaltung des Arbeitszeitvolumens als Reaktion auf saisonbedingte Gestaltung betrieblicher Arbeitszeiten / Kompensation von Mehrarbeitsstunden bzw. Leerläufen im Rahmen einer Jahresarbeitszeitregelung / Kompensation im Rahmen von Arbeitszeitkorridoren / Kompensation im Rahmen eines Teilzeitarbeitskonzeptes / Kompensation im Rahmen eines Zeitkontenregelungen / Kompensation im Rahmen individueller Vereinbarungen über tägliche oder wöchentliche Arbeitsverkürzungen, über wöchentliche oder monatliche Arbeitspausen (individuelle Wahlzeiten)
  • Arbeitszeitverkürzung / Starre festgelegte Arbeitszeiten, keine Flexibilisierung / Umfang der Abweichungen von der Regelarbeitszeit pro Woche/ Die Arbeitszeitverkürzung erfolgt ohne oder mit Lohnausgleich / Die Verlängerung der Arbeitszeit ist oder ist nicht zuschlagspflichtig
  • Berücksichtigung von Mitarbeiterbedürfnissen / Regelung von Konfliktfällen bei der Festlegung von Urlaubszeiten / Berücksichtigung sozialer, religiöser und kultureller Bedürfnisse
 

Einstellungs- und Entlassungsgrundsätze

  •   Vorrangige betriebsinterne Ausschreibung offener Stellen
  • Berücksichtigung sozialer Aspekte bei der Einstellung : Alter / Nationalität / Familienstand / Geschlecht / Langzeitarbeitslosigkeit / Umschulung
  • Zeitliche Befristung von Neueinstellungen (Dauer, Verlängerungsmöglichkeit, Übernahmechance)
  • Einführung neuer Mitarbeiter in das Unternehmen / Einführung durch mündliche Unterweisung / Einführung durch Einführungsdokumente / Einführung durch Vorgesetzte oder Kollegen / Einführung nur auf den Arbeitsplatz bezogen oder allgemein
  • Auswahlgrundsätze und -kriterien für die Entlassung von Mitarbeitern / Absprache der Grundsätze mit dem Betriebsrat / Berücksichtigung sozialer Aspekte über das gesetzlich Notwendige hinaus (Alter, Betriebstreue, Familienstand, Geschlecht, Nationalität, Religion)
  • Übernahme sozialer Verantwortung bevor eine nicht-betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wird (z.B. wegen Alkoholismus)
  • Unterstützung und Förderung entlassener Mitarbeiter : Unterstützung bei Stellensuche / Förderung durch Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen / Bevorzugte Berücksichtigung bei Einstellungen
 

Entlohnung, Prämien, Gewinnbeteiligung

  • Existenz von den Mitarbeitern bekannten Grundsätzen für die Anwendung unterschiedlicher Entlohnungsformen
  • Für Mitarbeiter transparente Regelung der Einordnung in unterschiedliche Lohn- und Gehaltsstufen / Umfang der Lohnspanne zwischen niedrigstem und höchstem Entgelt (Prozentsatz) / Präferenz des Unternehmens für bestimmte Entlohnungsformen
  • Zeitlohn / Entlohnung nach Tarif (unter, über Tarif) / Differenzierung der Entlohnung nach Geschlecht, Familienstand, Alter, anderen Gesichtspunkten
  • Akkordlohn / Möglichkeit der betroffenen Mitarbeiter zur Mitbestimmung bei der Festsetzung der Akkordrichtsätze und Vorgabezeiten / Mitbestimmung der Entgeltverteilung durch die Gruppe bei Gruppenakkord (Umfang der Mitbestimmung)/ Berücksichtigung sozialer Aspekte bei Gruppenakkord / Grundsätze für den Umgang mit Mitarbeitern, die den Akkord nicht leisten können
  • Prämienlohn / Ausbezahlung von Prämien für besondere Leistungen / Mehrleistung / Unterschreiten der Vorgabezeit / Verringerung der Ausschußquote / Material- oder Energieeinsparung / Ökologische Verbesserungen / Sonstige Leistungen / Ausbezahlung von Prämien auch nach sozialen Gesichtspunkten
  • Provisionen / Animierung der Mitarbeiter zum „Verkauf um jeden Preis“ aufgrund hoher Provisionssätze und entsprechend geringem Fixum / Möglichkeit einer zeitintensiven Kundenberatung durch relativ hohes Fixum / Differenzierung der Provisionssätze / Differenzierung der Provisionssätze nach ökologischen Aspekten / Differenzierung der Provisionssätze nach sozialen Aspekten
  • Erfolgsbeteiligung der Mitarbeiter / Erfolgsbeteiligung auf allen Ebenen / Erfolgsbeteiligung nur auf Führungsebene / Kompetenz und Entscheidungsträger bzgl. Umfang der Erfolgsbeteiligung / Kriterien der Verteilung auf die Mitarbeiter (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Stellung in der Hierarchie, als Anreiz für jüngere Mitarbeiter) / Art der Verteilung / Zusätzlicher Lohn (Barausschüttung) / Gläubigerpapiere / Beteiligungswerte
  • Bewußte Förderung der Mitbestimmung durch die Art der Beteiligung (z.B. Stimmrecht von Belegschaftsaktien)
  • Verfügungsbeschränkungen für Gläubigerpapiere bzw. Beteiligungswerte
  • Auswirkungen einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf aufgelaufene Erfolgsbeteiligungen
  • Form der Verlustbeteiligung der Mitarbeiter
  • Zukunftsvorsorge / Vom Unternehmen abgeschlossene Kapitallebensversicherungen für Mitarbeiter (Versicherungshöhe, Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Versicherungsabschluß) / Vereinbarungen über Betriebsrenten
  • Sonstige Entgelte / Besondere Konditionen für den Personaleinkauf / Zusätzlich bestimmte Deputate für Mitarbeiter (Jahreswagen) / Weihnachtsgeld / Urlaubsgeld / Zuwendungen aus familiären Anlässen (z.B. Geburt) / Jubiläumszuwendungen / Kostenübernahme (z.B. Fahrtkosten)
 

Gesundheit

  • Sicherheit am Arbeitsplatz
  • Betriebliche Gesundheitspolitik, besondere Aktivitäten zur Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung der Belegschaft
  • Innerbetriebliche Gesundheitsbilanz / Krankheitstage allgemein / Durch den Produktionsprozeß bedingte Berufskrankheiten / Unfallstatistik, Zahl der Berufsunfälle / Umgang mit gesundheitsgefährdenden Stoffen
  • Aktive Sorge um die Gesundheit seiner Belegschaft / Betriebsärztin, Sanitäter, Erste-Hilfe-Station / Sport- und Fitnesskurse (Angebot, Finanzierung, Förderung) / Eigene Fitnesseinrichtungen im Betrieb / Ergonomie am Arbeitsplatz / „Saubere“ Arbeitsplätze (MIK, MAK) / Abgetrennte Ruhezonen vorhanden, tatsächliche Nutzung möglich / Einhaltung von Ruhepausen möglich / Zubereitung von Speisen in der Betriebskantine nach gesundheitlichen Maßstäben (z.B. Vollwertkost)
 

Personalentwicklung

  • Grundsätzliche Betrachtung der Mitarbeiter als „human ressource”, d.h. nach ökonomischen Zielen und Werten
  • Assessment Center als Instrument qualifizierter Personalfindung
  • Beteiligung der Fachabteilungen des eigenen Betriebes an der qualifizierten Personalsuche und -auswahl
  • Angebot und Förderung von Weiterbildung und Höherqualifizierung (unternehmensintern, -extern)
  • Innerbetriebliche Beurteilung der Beschäftigten in regelmäßigen Abständen / Einsichtnahme durch die Betroffenen / Begründung der Beurteilung durch die Vorgesetzten / Möglichkeit der Stellungnahme und zum Einspruch gegen die Beurteilung
  • Lohn- und Gehaltsfindung nach Qualitätsmerkmalen (Ausbildung, Erfahrung, Verantwortung)
 

Sozialeinrichtungen

  • Aufenthaltsräume / Kinderbetreuung / Kantine, Kiosk / Hygieneräume / Ruheräume
 

2.3 Interne Anspruchsgruppen: Besondere Interessen

 

Ältere Arbeitnehmer

  • Besondere Rücksichtnahme auf die körperlichen und geistigen Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer
  • Attraktive Vorruhestandsregelungen
  • Alters-Teilzeit, gleitender Ruhestand
  • Möglichst sozialverträgliche Freisetzung älterer Arbeitnehmer (z.B. besondere Berücksichtigung geleisteter Arbeit)
 

Angelernte Arbeitnehmer

  • Betreuung beim Anlernprozeß
  • Möglichkeit zur Weiterqualifizierung
 

Ausländische Arbeitnehmer

  • Prozentualer Anteil ausländischer Arbeitnehmer an der Belegschaft / Insgesamt  / Auf unterer Ebene / Auf mittlerer Ebene / Auf Führungsebene
  • Berücksichtigung besonderer Interessen / Existenz eines Ausländerbeauftragten / Versuch einer Eingliederung durch besondere Maßnahmen (z.B. Sprachkurse, auch für Angehörige) / Hilfen für ausländische Arbeitnehmer im Unternehmen selbst (z.B. mehrsprachige Schilder)
  • Diskriminierung / Keine Diskriminierung bei der Arbeitsverteilung (z.B. Schmutzarbeiten) / Sanktionen gegen ausländerfeindliche Anfeindungen, Diskriminierungen und Ausschreitungen (Versetzung, Abmahnung bis zu verhaltensbedingter Kündigung) / Demonstrative Maßnahmen des Unternehmens gegen Ausländerfeindlichkeit (z.B. Plakate, offene Briefe, Anzeigen, Demonstrationen, Betriebsversammlungen, internationale Feste) / Eingehen auf religiöse bzw. kulturelle Besonderheiten (z.B. Pausen für Gebete, vegetarische oder koschere Kost in der Betriebskantine)
 

Auszubildende

  • Ausbildungsplätze im Unternehmen (Prozentsatz innerhalb der Belegschaft)
  • Möglichst Übernahme der Auszubildenden ins Unternehmen nach der Ausbildung (Prozentsatz der übernommenen Auszubildenden)
  • Entwicklung der Zahl der Ausbildungsplätze in den letzten fünf Jahren
 

Behinderte

  • Aufnahme von Schwerbehinderten im Unternehmen; Erfüllung der gesetzlichen Beschäftigungsquote (6 Prozent bei über 16 Arbeitsplätzen im Betrieb)
  • Berücksichtigung der Interessen von behinderten Menschen / Speziell für Behinderte eingerichtete oder umgebaute Arbeitsplätze im Betrieb / Behindertengerechte Einrichtung der Betriebsteile, die für Behinderte als Arbeitsplätze in Frage kommen (Fahrstühle, Behinderten-WCs, Türbreiten) / Gewählte Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen (Schwerbehindertengesetz)
  • Diskriminierung / Bezahlte Ausgleichsabgaben für Behinderten zustehenden Arbeitsplätze (Höhe) und Begründung dieser Praxis
  • Regelmäßig Vergabe von Aufträgen an Behindertenwerkstätten (ggf. kritische Sicht dieser Praxis)
  • Regelmäßige oder größere Spenden an Behinderte fördernde Institutionen
 

Frauen

  • Frauenanteil / Prozentualer Frauenanteil in der Belegschaft / Insgesamt / In unteren Lohngruppen /Auf mittlerer Ebene / Auf Führungsebene
  • Geringer Frauenanteil an „geringfügig Beschäftigten“ (Umfang)
  • Hoher Frauenanteil an „außertariflich Beschäftigten“ (Umfang)
  • Berücksichtigung der besonderen Interessen weiblicher Arbeitnehmer
  • Familienfreundliche Arbeitsbedingungen / Verlängerte Erziehungszeiten / Berücksichtigung der Doppelbelastung Familie und Beruf / Kontakthalteangebote für Eltern im Erziehungsurlaub (z.B. freie Mitarbeit an Projekten) / Frei / halten von Arbeitsplätzen während der Familienpause / Programme zum beruflichen Wiedereinstieg nach einer Familienpause (Rückkehrhilfen) / Keine Diskriminierung von Männern im Erziehungsurlaub / Kein sozialer Druck bei Sonderurlaub wegen Krankheit der Kinder / Angebot der Teilzeitarbeit für Mütter und Väter / Auf allen Ebenen / Nur auf unteren Ebenen / Tendenzielle Förderung / Tendenzielle Behinderung
  • Job sharing auf Führungsebene
  • Qualifizierte Kinderbetreuung während der Arbeitszeit durch das Unternehmen (Umfang, Finanzierung, Zugangsregelung, Vermittlung)
  • Diskriminierung / Gewährleistung der Gleichstellung von Teil- und Vollzeitarbeitskräften, von Männer- und Frauenarbeit / Gezielte Maßnahmen gegen Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz / Verzicht auf sexistische oder rollenstereotype Produkt- oder Unternehmenswerbung
  • Frauenförderung / Explizite Frauenpolitik (Frauenförderpläne, Frauenbeauftragte) / Ehrliche Bemühung um Erhöhung des Frauenanteils (Einstellungskriterien, Personalentwicklung, Stellenausschreibungen, Frauenquoten) / Erfolgskontrolle der betrieblichen Frauenförderung / Gleichstellung von Frauen und Männern bei Fort- und Weiterbildung / Besondere Seminare und Fortbildungsmöglichkeiten für Frauen
  • Arbeitnehmerinnen in LDCs / Höhe der Alphabetisierungsquote der beschäftigten Frauen / Zwang zur Sterilisation oder zur Abtreibung / Besonderen Kündigungsschutz für Frauen / Mutterschutz oder besonderen Schutz in der Stillzeit / Grundsätzliche Diskriminierung oder Benachteiligung (Lohn, Arbeitszeit, Arbeitsinhalt) / Aktives Engagement gegen gesellschaftliche Benachteiligung durch den Betrieb (Schulungen, Stipendien, Berufsausbildung, Kreditvergabe) / Programme gegen die Feminisierung der Armut (Bildung, Information) / Besondere Maßnahmen gegen die Gewalt gegen Frauen / Beschäftigung von Wanderarbeiterinnen (Umfang) / Betriebliche Gesundheitsprogramme (z.B. Aids-Prävention) / Bevorzugung von Frauenkooperativen als Zulieferer oder Partner / Kredite für Frauen und Frauenprojekte (Banken)
 

Freie Mitarbeiter

  • Beschäftigung von Freien Mitarbeitern, die vorher im Betrieb angestellt waren
  • Scheinselbständigkeit (Unabhängigkeit nur im juristischen, nicht im ökonomischen Sinne)
  • Vergleichbarkeit der Einkommen und Löhne von Freien Mitarbeitern mit den Lohnkosten im Betrieb
 

Geringfügig Beschäftigte

  • Anteil von Beschäftigten mit Arbeitsverträgen unter der sozialversicherungspflichtigen Grenze (Prozentsatz)
 

Jugendliche

  • Anteil von Jugendlichen an der Belegschaft (Prozentsatz)
  • Altersgemäße Behandlung von Jugendlichen
  • Systematisches „Aufbauen“ von Jugendlichen, Unterstützung ihrer persönlichen Entwicklung durch Mentoren, Fort- und Weiterbildung
  • Jugendvertretung im Betrieb
 

Kinder

  • Keine Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren
  • Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren in Kurzzeittätigkeiten
  • Auswahl der Zulieferer nach dem Kriterium „Kinderarbeit bei der Produktion“ (z.B. Rugmark-Gütesiegel)
 

Kranke

  • Einschätzung von Krankheit (Drückebergerei, Schicksal)
  • Präventionsbemühungen des Unternehmens (s. auch 2.2.7)
  • Anerkennung der Verantwortung des Unternehmens bei betriebsbedingter Krankheit
 

Langzeitarbeitslose

  • Engagement zur Wiedereingliederung
 

Vorübergehend Beschäftigte (insbesondere Leiharbeiter, Praktikanten, Zivildienstleistende)

  • Keine Diskriminierung vorübergehend Beschäftigter durch die dauerhaft beschäftigten Mitarbeiter; Integration ins soziale „Unternehmensleben“
  • Im Vergleich zu dauerhaft Beschäftigten gleich attraktive Arbeit und gleicher Lohn
  • Gleiche Sicherheitsstandards im Arbeitsprozess für vorübergehend Beschäftigte (Leiharbeiter)
  • Vorübergehend Beschäftigte kein Ersatz für reguläre Planstelle einer dauerhaft Beschäftigten
  • Gründliche Einarbeitung der vorübergehend Beschäftigten (insbesondere Praktikanten und Zivildienstleistende)
  • Verstärkung des Zwangsarbeitscharakters des Zivildienstes durch Zuteilung zu überfordernden oder unattraktiven Aufgaben
  • Berücksichtigung des Lerncharakters eines Praktikums durch intensive Betreuung; Gewährung eines fundierten Einblicks in die Arbeitswelt
 

2.4 Produkte

 

Besondere Produktbereiche

  • Gentechnisch hergestellte Produkte und gentechnische Verfahren / Gentechnik an der außermenschlichen Natur / Mikrobieller Schadstoffabbau / Gentechnisch direkt veränderte Lebensmittel / Gentechnisch indirekt veränderte Lebensmittel (Fermentierung, Enzyme, Zusatzstoffe) / Herbizidresistente Nutzpflanzen / Biologische Schädlingsbekämpfung / Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen / Produktion und Nutzung transgener Tiere
  • Gentechnik am Menschen / Gentechnisch hergestellte Pharmazeutika / Mitarbeiter-Screening / Gendiagnostische Verfahren („genetic counseling“) / Somatische Gentherapie / Aussicht auf Embryonenforschung, Keimbahntherapie / Sonstige gentechnologische Forschung (z.B. Viren, Onkogene)
  • Militärgüter (dual use, Konversion, Export, Abc-Waffen, konventionelle Waffen)
  • Produkte mit Tierversuchen
  • Atomkraft
  • Pornographie
  • Suchtmittel
 

Geplante Obsoleszenz

  • Bewußte Beschleunigung der physischen Alterung der Produkte (z.B. Sollbruchstellen)
  • Herstellung langlebiger Produkte / Produktdesign und -material / Lieferbarkeit von Ersatzteilen / Reparierbarkeit
  • Bewußte Beschleunigung psychischer Obsoleszenz (z.B. Werbung)
 

3. Naturverträglichkeit

 

3.1 Umgang mit Umweltinstitutionen

 

Einstellung zur Ziel- und Prinzipientrias des Umweltrechts

  • Bekenntnis des Unternehmens zum Verursacherprinzip
  • Bekenntnis des Unternehmens zum Vorsorgeprinzip
  • Bekenntnis des Unternehmens zum Kooperationsprinzip
  • Strategie des Unternehmens, Umweltrisiken zu identifizieren und darüber zu kommunizieren (z.B. mit Behörden)
  • Möglichkeiten zur Überprüfung der vom Unternehmen gemachten Angaben
 

Externalisierungsstrategien

  • Bewußte Externalisierung von Umweltkosten (ggf. positive oder negative Haltung des Unternehmens zur Externalisierung)
  • Art der externalisierten Kosten
  • Verlagerung umweltschädigender Produktion ins Ausland
  • Zugriffs-Entzugs-Strategien (Strategien der Vermeidung von Re-Integration externalisierter Kosten) / Ausnutzung von Verantwortungsdiffusion / Abwälzen von Verantwortung auf Gesetzgeber u.a. Institutionen
 

Internalisierung des Umweltrechts in die Unternehmensorganisation

  • Umweltschutzmanagement / Zuständigkeit für Umweltschutz im Unternehmen: Umweltschutzbeauftragter, Umweltschutzabteilung, andere Zuständigkeiten / Stellung der Umweltschutzbeauftragten bzw. -abteilung im Unternehmen (Zuständigkeitsprofil) / Zugangsmöglichkeiten der für Umweltschutz Verantwortlichen zur Unternehmensleitung (Ansiedlung in der Unternehmenshierarchie, „heißer Draht“ zur Geschäftsleitung o.ä.)
  • Vermittlung des Umweltrechts an Mitarbeiter (Schulung der Mitarbeiter in Bezug auf umweltrechtliche Vorschriften)
  • Grad der Verknüpfung zwischen Umweltbeauftragten, Belegschaft und Unternehmensführung (subversiver Einzelkämpfer oder „Fisch im Wasser“)
 

Mitgliedschaft in Umweltverbänden oder -initiativen

  • Mitgliedschaft in „grünen“ Umweltverbänden wie BAUM, Future, UnternehmensGrün; Ausrichtung des Unternehmensprofils in Richtung „Ökologie“ (z.B. Beteiligung an Kampagnen, Initiativen)
  • Mitgliedschaft in anderen Umweltorganisationen (z.B. BUND, NABU, Greenpeace); erkennbare diesbezügliche Aktivitätsprofile
  • Mitgliedschaft in anderen Unternehmensverbänden und Dachorganisationen (konkurrierende, sich widersprechende Mitgliedschaften und diesbezügliches Bewußtsein)
 

Öko-Audit; Produktlinienanalyse

  • Erstellung eines Umwelt-Audits im Rahmen eines Ökomanagementsystems („environmental audit“) / Umwelt-Erst-Audit („Gründungsbilanz“ des Umweltmanagements) / Umwelt-Folge-Audit / Initiative für das Audit / Internes Audit / Externes Audit (z.B. angeregt von Abnehmern, Versicherungen) / Zielsetzung des Audit / Verfahrens-Audit (Herstellungsverfahren, technologische Prozesse) / System-Audit (Aufbau- und Ablauforganisation) / Regelmä-ßigkeit der Prüfung / Institutionalisierung einer regelmäßigen Prüfung (planmäßiges Audit) / Versuch einer regelmäßigen Prüfung / Unregelmäßige Prüfung (außerplanmäßiges Audit, z.B. bei neuen Verordnungen oder als Marketingmaßnahme)
  • Überprüfung der Wirksamkeit des Umweltmanagementsystems bzw. des Umweltverhaltens des Unternehmens durch das Umwelt-Audit / Abweichungen bezüglich eigener Vorgaben (Umweltprogramm) und Umweltgrundsätzen / Abweichungen bezüglich staatlicher Anforderungen und Umweltvorschriften
  • Umfang des Umwelt-Audits / Umfassende Untersuchung des betrieblichen Umweltschutzes an einem Standort / Auswirkungen der Tätigkeiten auf verschiedene Umweltbereiche / Energiemanagement, -einsparungen und -quellen) / von Rohstoffen, Wasserbewirtschaftung und -einsparung / Vermeidung, Recycling, Wiederverwendung, Transport und Endlagerung von Abfällen / Lärmbelästigung innerhalb und außerhalb des Standorts / Produktionsverfahren / Produktplanung bzgl. gesamtem Produktlebenszyklus / Betrieblicher Umweltschutz bei Abnehmern und Lieferanten / Verhütung umweltschädigender Unfälle / Mitarbeiterschulung bzgl. ökologischer Fragestellungen
  • Festlegung eines Umweltprogramms durch das Unternehmen / Verpflichtungen und Ziele / Mittel (kurz-, mittel-, langfristig)
  • Festlegung eines Umweltmanagementsystems durch das Unternehmen / Betriebliche Umweltpolitik / Organisatorische Verankerung der Umweltpolitik im Unternehmen / Aufbau- und Ablaufkontrolle / Bewertung und Registrierung der Auswirkungen auf die Umwelt / Umweltmanagement-Dokumentation
  • Durchführung interner Umweltbetriebsprüfungen (mit Berichten) / Produkt-Ökobilanzen (Sachbilanz, Wirkungsbilanz) / Ökologische Produktoptimierung / Schwachstellenanalysen des Managementsystems / Produktlinienanalysen
  • Erstellung bzw. Revision von betriebsspezifischen Umweltzielen und -erklärungen und Veränderungen bezüglich des vorangegangenen Audits
  • Beteiligung eines breitgefächerter Personenkreises mit unterschiedlichen Ansprüchen bei Erstellung, Verifizierung und Diskussion des Umwelt-Audits / Beteiligung von Vorstand oder Betriebsleitung / Beteiligung von Arbeitnehmern bzw. deren Interessenvertretern / Beteiligung von Kunden / Beteiligung von Lieferanten / Beteiligung des Staates / Beteiligung der Öffentlichkeit / Beteiligung von Umwelt- und Verbraucherverbänden
  • Motive für die Einführung eines Umwelt-Audits / Minderung von Umweltrisiken / Verbesserte Statistik über umweltrelevante Vorkommnisse und Störfälle / Niedrigere Versicherungsprämien für Umweltrisikoabsicherung / Sicherstellung und Nachweis der Einhaltung von Umweltvorschriften / Verminderung der Gefahr von Rechtsstreitigkeiten / Verminderte Bußgelder und Strafen wegen des Verstoßes gegen Vorschriften / Hinweise auf Kostensenkungspotentiale / Erhöhtes Verantwortungsbewußtsein und höhere Zufriedenheit der Mitarbeiter / Hinweise auf erforderliche Mitarbeiterschulung / Verbesserung der Gesundheit der Mitarbeiter / Verbesserung des Umweltvorschlagswesens / Höhere Glaubwürdigkeit gegenüber der Öffentlichkeit / Förderung guter Beziehungen zu Behörden / Firmenimagefördernde Wirkung des Teilnahmezeichens (z.B. auf dem Briefkopf)
  • Sonstige Motive
 

Umgang mit weltweit unterschiedlichen Umweltstandards (siehe auch bei Kulturverträglichkeit)

  • Verstöße gegen das Umweltrecht
  • Grundeinstellung des Unternehmens zum Umweltrecht / Ablehnend-kritische Haltung (zu hohe Standards, zu hohe Regelungsdichte) / Strategischer bzw. passiv-reaktiver Legalismus / Kooperativ-melioristische bzw. aktiv-präventive Haltung / Supererogatorische Haltung (freiwillige Übererfüllung gesetzlicher Standards)
  • Anzeigen gegen das Unternehmen oder gegen einzelne seiner Mitarbeiter wegen Verstößen gegen das Umweltrecht / Anzahl und Typ der angezeigten Verstöße (Bezug zu einem bestimmten Gesetz) / Art der Verstöße 
(Straf-, Zivil-, öffentliches Recht) / Bestechlichkeitsdelikte im weiteren Sinne gegen Vertreter von Umweltbehörden (Anzahl, Ausmaß, Umstände)
  • Häufigkeit einer Gerichtsverhandlung im Zusammenhang mit Bestechungsfällen / Ausgang der Gerichtsverhandlungen (Freispruch, Vergleich, Geldbuße) / Instanzenwege rechtskräftiger Urteile
  • Regelmäßige Anzeigen oder Urteile gegen das Unternehmen wegen gleichartiger Delikte / Bewußte Inkaufnahme von Geldbußen durch das Unternehmen / Erhöhung oder Verringerung der Frequenz solcher Delikte
  • Konsequenzen des Unternehmens aus etwaigen Verstößen (Lernwilligkeit des Unternehmens) / Auswirkungen der Verstöße (Verurteilung, Bußgelder, Anzeigen) auf die Personalpolitik / Auswirkungen der Verstöße (s.o.) auf den Produktionsablauf / Auswirkungen der Verstöße (s.o.) auf die Organisation des Unternehmens
  • Repressionen oder Drohungen als Reaktion des Unternehmens auf mögliche Anzeigen oder Klagen
  • Möglichkeit der Überprüfung der gemachten Angaben durch glaubwürdige Dokumente
 

3.2 Umgang mit Umweltinformationen

 

Deklaration von Inhaltsstoffen

  • Grad der Erfüllung gesetzlicher Minimalvorschriften
  • Überschreitung von gesetzlichen Verpflichtungen durch das Unternehmen (Umfang und Bereich der Überschreitung) (s. auch 2.4.1.2.4)
 

Management-Informations-System

  • Umgang des Unternehmens mit internen umweltrelevanten Erkenntnissen (Auffindung, Umsetzung, Weitergabe)
  • Umgang des Unternehmens mit externen umweltrelevanten Erkenntnissen
 

Transparenz von Umweltdaten

  • Veröffentlichung einer jährlichen Umweltbilanz (Information über unternehmenseigene Stoffströme, Energieverbrauch, Emissionen, Risiken etc.) (s. auch 2.4.7)
 

3.3 Lebewesen

 

Tiere

  • Tötung von Tieren /  Spezieszugehörigkeit getöteter Tiere / Anzahl getöteter Tiere pro Jahr / Grund und Zweck der Tötung / Art der Tötung
  • Schmerzzufügung (ohne Tötung) / 1„Reduce-refine-replace“ Strategien / Tierversuche / Dauer und Intensität bzw. Grad der Belastung gemäß Tier-SchG / Anzahl der Anträge auf Tierversuche welchen Belastungsgrades / Zahl der Genehmigungen der Anträge / Zahl und Grund der Ablehnungen/ Transport von Tieren / Haltungsbedingungen von Tieren
  • Forschung an oder Nutzung von transgenen Tieren / Erzeugung pharmazeutischer Stoffe („gene farming“) / Änderung der Nahrungsmittelbeschaffenheit (z.B. fettfreies Fleisch, lactosefreie Milch) / Erzeugung von Resistenzen / Einsatz von Wachstumshormonen / Forschung an transgenen Tiermodellen („Onkomaus“) / Chimärenbildung
  • Sonstige Nutzung von Tieren / Weiterverarbeitung von Tierprodukten / Import und Export lebender Tiere oder tierischer Produkte / Zurschaustellung, Zirkus, Zucht u.ä.
  • Existenz und Rolle eines Tierschutzbeauftragten
  • Verstöße gegen das Tierschutzgesetz
 

Pflanzen

  • Erzeugung, Freisetzung oder Nutzung transgener Pflanzen / Kennzeichnung von Produkten mit transgenen Pflanzen (z.B. Soja) / Forschung und Einsatz herbizidresistenter Pflanzen / Beteiligung an der Patentierung pflanzengenetischen Materials (Monopolisierung)
  • Beteiligung an Verdrängungspraktiken von lokalen Sorten und Arten
  • Ökologische Verträglichkeit des Pflanzenbaus
  • Holznutzung
 

Mikroorganismen

  • Gentechnische Modifikation
  • Patentierung gentechnisch veränderter Mikroorganismen (Monopolisierung)
 

3.4 Energie

  • Umweltschonendes Verhalten bei Gewinnung und Nutzung von Energie
  • Gebäudenutzung bzw. Erschließung von Möglichkeiten zur Verminderung des Wärmeverlusts in Gebäuden
  • Lichtnutzung bzw. Erschließung von Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz der für Beleuchtung eingesetzten -
  • Wärmeerzeugung Optimierung von Heizanlagen
  • Abwärme Nutzung oder Vermeidung von Abwärme
  • Rationelle Energieverwendung in energieintensiven Unternehmen
  • Nutzung der technisch verfügbaren Optionen
  • Einsatz regenerativer Energien
  • Energieeffizienz in Kraftwerken
 

3.5 Stoffe

 

Abfälle

  • Vermeidung und Verminderung von Abfällen bei der Produktion
  • Abfälle bei der Verpackung (Transport- und Verkaufsverpackung) / Vermeidung bzw. Verminderung (z.B. ohne zusätzlichen Umkarton) / Berücksichtigung des Produktkreislaufs / Rezyklierfähigkeit (z.B. wenige Stofftypen, kompostierbare Füllstoffe) / Entsorgungsfreundlichkeit (z.B. Trennbarkeit von Papier, Plastik, Glas) / Mehrweg- versus Einwegsysteme (z.B. Flaschen, Gläser)
  • Material / Problematische und toxische Stoffe / PVC, PVDC, chlorierte Kunststoffe / Formaldehydharze (Bakelit o.ä.) / Aluminium / Energiebedarf bei Herstellung (z.B. Dosen vs. Glasflaschen) und Transport / Erstellung einer Öko-Bilanz durch das Unternehmen bezüglich der Umweltfreundlichkeit der Verpackung (ggf. Nennung der Methode)
  • Flächenverbrauch und Boden: Überbauung / Erosion / Vergiftung von Böden und Biotopen
  • Gefährdete Ressourcen : Vermeidung / Substitution / Sparsamer Umgang
 

Verwendung fester Stoffe

  • Rohstoffproduktivität (in Herstellungs-, Gebrauchs- und Nachgebrauchsphase) / Substitution (erneuerbare Rohstoffe) / Minimierung (Nutzung von Einsparmöglichkeiten) / Verpflichtung auf ein Reduktionsziel
  • Vergleich (Konkurrenzprodukte, Konkurrenzfirmen)
  • Wirkungen
  • Toxizität / Akute speziesbezogene Toxizität (z.B. LD 50) / Chronische speziesbezogene Toxizität / Mutagenität / Teratogenität / Kanzerogenität / Endokrine Wirkung / Multiple Chemical Sensitivity
  • Biologische Abbaubarkeit
  • Akkumulationsfähigkeit der Substanz sowie ihrer Metaboliten / Geoakkumulation / Bioakkumulation / Fettlöslichkeit der eingesetzten Stoffe oder ihrer Metaboliten / Fähigkeit der eingesetzten Stoffe oder ihrer Metaboliten, biologische Membranen zu durchdringen
 

Wasser

  • Absoluter Verbrauch
  • Verbrauch im branchenspezifischen Vergleich / Diachron / Synchron
  • Art des verbrauchten Wassers / Grundwasser / Flußwasser bzw. Uferfiltrat / Flüsse und Seen / Regenwasser / Eigenständiges Brauchwassersystem (2. Leitungssystem)
  • Kläranlagen (Stufen, Stand der Technik)
  • Recycling von Wasser (geschlossene Kreisläufe)
  • Grundwasser-Relevanz der Produktion / Schadstoffeintrag ins Grundwasser (Art und Ausmaß) / Risiken für Wasserschutzgebiete /  Absenkung des Grundwasserspiegels
  • Temperaturerhöhung von Flüssen und Seen durch Abwasser
  • Verpflichtung auf ein Reduktionsziel
 

3.6 Transport

  • Gütertransport / Anteil der Transportmedien / Transportentfernung
  • Logistik / Beschaffung / Lagerung / Vertrieb
  • Personentransport
    • Dienstwagen
    • Job ticket
    • Substitution durch Infotechnik (z.B. Videokonferenzen)
    • Werklinienverkehr
    • Begünstigung von Fahrgemeinschaften und Radfahrern
 

3.7 Emissionen

 

Emissionen im Normalbetrieb (Emissionsprofil)

  • Durchschnitts- und Spitzenwerte von Emissionen / Regelmäßig anfallende Emissionen / Sporadisch anfallende Emissionen und deren Frequenz
  • Art der Emission / Umweltnoxen (schädlich, aber nicht giftig) / Umwelttoxische Emissionen / Schwermetalle (Art und Menge) / Kanzerogene Stoffe (Art und Menge) / Mutagene Stoffe (Art und Menge) / Embryopathische Stoffe (Art und Menge) / Allergene (Art und Menge) / Dioxine und Furane (Art und Menge) / Wirkung auf die Ozonkonzentration / Abbau des stratosphärischen Ozons (z.B. FCKW) / Erhöhung bodennaher Ozonkonzentration (Sommersmog) / Klima- bzw. Treibhaus-relevante Emissionen (Art und Menge) / CO2 (Menge) / CO2-Äquivalente > 1 (Art und Menge)
  • Wiedernutzbarkeit bzw. Sanierungsbedürftigkeit des Betriebsgeländes nach Stillegung oder Schließung
  • Relation von Emission und Mitarbeiter-Exposition (Immission); Möglichkeit der Abschirmung von Mitarbeitern gegenüber Immissionen
 

Reduktionsstrategien

  • Entwicklung in der Vergangenheit
  • Branchenspezifische Relation / Diachron / Synchron
  • Emissions-Vermeidungs-Suchstrategien
  • Kooperation mit Beratungsagenturen
  • Verpflichtung auf ein Reduktionsziel
 

Emission bei potentiellen Störfällen (Emissionsrisiko)

  • Eintrittswahrscheinlichkeit von Störfall-Emissionen
  • Existenz von Risikostudien
  • Rückhaltbarkeit bzw. lokale Begrenzbarkeit
  • Maximales Schadensausmaß von Störfall-Emissionen („worst case“) / Art der Emission / Maximale Sachschäden / Maximale Personenschäden / Maximale Umweltschäden / Versicherbarkeit eines maximalen Schadens / Kompensierbarkeit bzw. Ausgleichbarkeit des Schadens
  • Verweildauer in der Umwelt (Abbaubarkeit)
  • Wechselwirkung mit anderen Umwelttoxen oder -noxen
  • Betriebliche Risikominimierungs-Strategien / Inhärente Sicherheit (Unmöglichkeit menschlichen Versagens) / Redundanzauslegung (mehrere Sicherheitsmaßnahmen hintereinander) / „Containment“ (Zurückhalten auslaufender oder auftretender Schadstoffe) / Relation von menschlichem und technischem Versagen
  • Informationspolitik bei Störfällen
 

3.8 Umwelttechnologie

 

F&E-Strategien

  • Berücksichtigung vorhandener Möglichkeiten umweltschonender Technik bei Neu- und Ersatzinvestitionen durch das Unternehmen
  • Entwicklung und Einsatz von Innovationen bei der Weiterentwicklung von Umwelttechnik
  • Sicherheitstechnik
  • Substitution
  • Überwindung von „End-of-pipe-Technologien“
 

Literaturverzeichnis

Centre-Info News, Nr. 5 (Nov. 1995).
Die Grenzen des Wachstums werden schon heute überschritten. Der neue Bericht des Club of Rome fordert ein neues Maß für den Wohlstand: Das Ökosozialprodukt soll das Bruttosozialprodukt ablösen, in: Frankfurter Rundschau, 1.6.95, Nr. 126, S. 22; vgl. auch: Wouter van Dieren, Mit der Natur rechnen. Der Neue Club of Rome-Bericht: Vom Bruttosozialprodukt zum Ökosozialprodukt, Basel / Boston / Berlin 1995.
Dierkes, M., Leitbild und Technik. Zur Entstehung und Steuerung technischer Innovationen, Berlin 1992.
Habermas, J., Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. II, Frankfurt a.M. 1981.
Keeney / Renn, et al., Die Wertbaumanalyse. Entscheidungshilfe für die Politik, in: W. Häfele, E. Münch, O. Renn, Hrsg., Sozialverträglichkeit von Energieversorgungssystemen. Eine Studie der Kernforschungsanlage Jülich, Programmgruppe Technik und Gesellschaft, München 1984.
Kersting, W., Probleme der Wirtschaftsethik, in: Zeitschrift für Philosophische Forschung, Nr. 3 (1994), 350-371.
Pieper, J., Menschliches Richtigsein. Die Kardinaltugenden neu bedacht, Freiburg i.Br. 1980.
Roche, P. / Hoffmann, J. / Homolka, W., Hrsg., Ethische Geldanlagen. Kapital auf neuen Wegen, Frankfurt a.M. 1992.
Todorov, T., Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen, Frankfurt a.M. 1985.
Wieland, J., Die Ethik der Wirtschaft als Problem lokaler und konstitutioneller Gerechtigkeit, in: Ders., Hrsg., Wirtschaftsethik und Theorie der Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1993.

 

*) Gekürzte und wesentlich veränderte Fassung vom Februar 2000 gegenüber der 1997 von Johannes Hoffmann, Konrad Ott und Gerhard Scherhorn herausgegebenen Fassung.
[1] Die hier aufgeführten humanen Grundorientierungen leiten sich ab, aus den im FHL genannten universalen, anthropologisch vorgegebenen Antriebsstrukturen (vgl. 92-95: Verantwortung vs. Recht des Stärkeren, Abschottung vs. Offenheit, Überhöhung vs. Bescheidenheit, Konkurrenz vs. Solidarität, Unendlichkeitsdrang vs. Bescheidenheit).
[2] Bei allen sechs unter der Dimension Kulturverträglichkeit aufgeführten Grundorientierungen sind über die genannten Items hinaus auch weitere möglich – und auch im FHL vorhanden –möglicherweise jedoch unter den Dimensionen Natur- oder Sozialverträglichkeit.
Bereitgestellt um 13:44 von Simone Techau | Permalink | Diesen Beitrag per E-Mail senden | Kommentare (0)
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